wisoExpertisen und Dokumentationen Juni 2007 Diskurs zur Wirtschafts- und Sozialpolitik Perspektiven der Erwerbsarbeit: Einfache Arbeit in Deutschland Gesprächskreis Arbeit und Qualifi zierung 2 Dokumentation einer Fachkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung Perspektiven der Erwerbsarbeit: Einfache Arbeit in Deutschland WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Inhalt Ruth Brandherm Vorbemerkung Zusammenfassung 34 Einfache Arbeit in Deutschland: Filmreihe 8 Lutz Bellmann / Jens Stegmaier Einfache Arbeit in Deutschland – Restgröße oder relevanter Beschäftigungsbereich? 10 Claudia Weinkopf Gar nicht so einfach?! Perspektiven für die Qualifizierung, Arbeitsgestaltung und Entlohnung 25 Ute Clement Kompetent für einfache Arbeit? Anforderungen an Arbeit in modernen Produktionssystemen 35 Klaus Dörre Einfache Arbeit gleich prekäre Arbeit? Überlegungen zu einem schwierigen Thema 46 ReferentInnen, Tagungs- und Diskussionsleitung 59 Neuere Veröffentlichungen der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik 62 Die Dokumentation wird von der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich- Ebert-Stiftung veröffentlicht. Die Ausführungen und Schlussfolgerungen sind jeweils von den Autorinnen und den Autoren in eigener wissenschaftlicher Verantwortung vorgenommen worden. Impressum: © Friedrich-Ebert-Stiftung Herausgeber: Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung Godesberger Allee 149 53175 Bonn Fax 0228 883 398 www.fes.de/wiso Gestaltung: pellens.de Druck: bub Bonner Universitäts-Buchdruckerei ISBN: 978-3-89892-649-2 WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Vorbemerkung In dem vorliegenden Tagungsband sind die Beiträge einer Veranstaltung zum Thema einfache Arbeit in Deutschland dokumentiert.1 Er enthält darüber hinaus eine Filmreihe, die die vielfältigen Facetten einfacher Arbeit aufzeigt und auch die Menschen zu Wort kommen lässt, die diese Arbeiten leisten. Dies eröffnet einen besonderen Zugang zum Thema und zur Arbeitswirklichkeit einfacher Arbeit, mit der jede/r von uns tagtäglich durch zahlreiche Dienstleistungen und Produkte in Berührung kommt. Zu angrenzenden Themen liegen bereits Veröffentlichungen des Gesprächskreises Arbeit und Qualifizierung vor. Sie behandeln die Beschäftigungs- und Arbeitsmarktsituation von gering Qualifizierten, greifen die Debatte um den Nied riglohnsektor auf, setzen sich mit den Themen Mindestlohn und Kombilöhne auseinander und fragen nach den Perspektiven öffentlich geförderter Beschäftigung für leistungsgeminderte Langzeitarbeitslose in Deutschland.2 Wir möchten mit diesen Materialien Informationen und Hintergründe zu zentralen und aktuellen Fragen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik zur Verfügung stellen und die Debatte zu diesen Themen anregen und vertiefen. Ruth Brandherm Leiterin des Gesprächskreises Arbeit und Qualifi zierung der Friedrich-Ebert-Stiftung 1 Die Veranstaltung wurde mit Mitteln der Otto- und Franziska-Bennemann-Stiftung gefördert. 2 Die Veröffentlichungen finden Sie unter www.fes.de/wiso, Arbeit und Gewerkschaften, Arbeit und Qualifi zierung, Publikationen. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Zusammenfassung Die einfache Arbeit führte jahrzehntelang ein Schat tendasein in Deutschland. Im Blickfeld stand vor allem die qualifizierte Facharbeit in der industriellen Produktion und in einem wachsenden Dienstleistungssektor. Die Förderung von Spitzentechnologien, die Anpassung der berufl ichen Qua lifi kationen an den technischen Fortschritt, le benslanges Lernen galten als entscheidende Wett bewerbsfaktoren für die Zukunft Deutschlands. Einfache Arbeit, so die Prognosen der 90er Jahre, entwickelt sich rückläufig und spielt für den Innovationsstandort Deutschland eine zunehmend geringere Rolle. Mit dieser Sichtweise wurde nicht nur die berufliche Lebenswirklichkeit großer Teile der Beschäftigten ausgeblendet, zugleich wurde ein Bereich nahezu ignoriert, der wirtschaftlich und beschäftigungspolitisch von erheblicher Bedeutung war und ist. Inzwischen hat sich die Perspektive verändert: Politik, Wirtschaft und Wissenschaft haben die einfache Arbeit neu entdeckt. Die Förderung einfacher Arbeitsplätze und der Ausbau eines Niedriglohnsektors werden als ein Ausweg aus der beschäftigungspolitischen Misere und als Perspektive für Geringqualifizierte und Arbeitslose gesehen. Die Beiträge der Veranstaltung „Einfache Arbeit in Deutschland“ loten die Bedeutung einfacher Arbeit aus und skizzieren Perspektiven für ihre Entwicklung. Außerdem stehen Fragen der Qualifizierung, der Arbeitsgestaltung, der Entlohnung sowie der sozialen Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse im Mittelpunkt. Prognosen zur Entwicklung des Arbeitsan gebots gehen überwiegend davon aus, dass der Trend zur Wissensgesellschaft mit einer zunehmenden Bedeutung qualifizierter Arbeit einhergeht und die Bedeutung einfacher Arbeit abnimmt. Die Einschätzung, dass sich einfache Arbeit auf dem Rückzug befindet, ist auch heute weit verbreitet. Der Beitrag von Lutz Bellmann/ Jens Stegmaier auf der Basis von Daten des IAB Betriebspanels belegt für den Zeitraum von 2001 bis 2005, dass von einer Marginalisierung einfacher Arbeit jedoch nicht gesprochen werden kann. Insgesamt ist der Anteil einfacher Arbeit in diesem Zeitraum relativ stabil. Zwar nimmt die Zahl qualifizierter Beschäftigter zu, dies geschieht allerdings weniger zulasten der Geringqualifizierten als vielmehr zulasten der Facharbeit. Im Dienstleistungsbereich kann sogar von einem Bedeutungszuwachs einfacher Arbeit gesprochen werden. Fast drei Viertel aller Personen mit einfachen Tätigkeiten waren im Jahr 2005 in kleinen und mittleren Betrieben beschäftigt. Mehr als 50% der Arbeitsplätze konzentrieren sich auf die vier Branchen Handel, unternehmensbezogene und sonstige Dienstleistungen sowie Investitionsgüter. Im Jahr 2005 wurden erstmals Daten zum Einstellungsverhalten der Betriebe erhoben. Danach nahmen fast 35% der kleinen und mittleren Betriebe ihre Einstellung im Bereich einfache Arbeit vor. Betriebe bis zu 49 Mitarbeitern nennen deutlich mehr Schwierigkeiten bei der Besetzung dieser Stellen als größere Betriebe. Die Daten geben auch Aufschluss über Gründe für Verlagerungen und den Abbau von Arbeitsplätzen. Genaue Angaben über den Umfang können auf dieser Datengrundlage nicht gemacht werden. Die Gründe für den Stellenabbau bei einfachen Tätigkeiten sind vielgestaltig. Am häufigsten geben die Betrie be an, dass die Stellen ersatzlos gestrichen wurden. Außerdem wurden die Arbeitsinhalte in ande re Tätigkeiten eingegliedert. Ein Wegfall aufgrund von Automatisierung oder Auslagerung fand – entgegen weitverbreiteter Auffassungen – nur in wenigen Betrieben statt. Mehr Beschäftigung im Bereich einfacher Arbeit – so eine weitverbreitete Annahme – kann vor allem durch niedrige Löhne und eine Verringerung der Arbeitskosten erreicht werden. Claudia Weinkopf weist in ihrem Beitrag darauf hin, dass bei einer solchen Argumentation den Anforderungen der Unternehmen an das Personal sowie den Veränderungstendenzen in diesem Bereich zu wenig Beachtung geschenkt wird. Die Qualität der Arbeitsplätze, insbesondere die Qualifi zierung der Beschäftigten, Fragen der Arbeitsgestaltung und Entlohnung werden zu selten in den Blick genom Wirtschafts- und Sozialpolitik men. Ihre Kernthese lautet: Vermeintliche einfache Arbeit ist häufig „gar nicht so einfach“. Zwischen 1980 und 1995 ist die Zahl geringqualifizierter Beschäftigter in westdeutschen Unternehmen stark gesunken. Danach und in jüngster Zeit lässt sich eine Stagnation konstatieren. Zwar lassen sich in einzelnen Bereichen Beschäftigungsgewinne verzeichnen, eine Trendumkehr fand jedoch nicht statt. Geringqualifi zierte arbeiten überwiegend als Nichtfacharbeiter/innen auf Einfacharbeitsplätzen, werden hier jedoch zunehmend von formal qualifi zierten Mitarbeiter/innen verdrängt. Heute sind 63% der einfachen Ar beitsplätze mit formal Qualifi zierten besetzt. Eine Gleichsetzung einfacher Tätigkeiten mit formal Geringqualifizierten trifft also nicht zu. Eine Studie zur Stellenbesetzung im Bereich einfacher Dienstleistungen kommt zu dem Ergebnis, dass generell kein Mangel an Bewerber/innen vorliegt. Häufig wird von den Unternehmen allerdings die nicht ausreichende Eignung der Bewerber/ innen beklagt. Obwohl die Tätigkeiten keine formalen Qualifikationen erfordern, bevorzugen Unternehmen oftmals formal qualifi zierte Bewerber/ innen und nutzen eigene interne Stellenbesetzungsverfahren. Stellen im Bereich einfacher Arbeit werden häufig als Teilzeitarbeitsplätze oder Minijobs angeboten und von Schülern, Studen ten, Berufsrückkehrerinnen und Rentnern besetzt. Im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, wie die Beschäftigungschancen Geringqualifi zierter verbessert werden können, bieten sich aus Sicht von Claudia Weinkopf unterschiedliche Ansatzpunkte an. Kritisch beurteilt sie Ansätze, die allein auf einen höheren finanziellen Anreiz setzen. Bildungspolitisch besteht die Herausforderung da rin, die Zahl von Jüngeren ohne formalen Abschluss zu reduzieren. Wichtig wäre es außerdem, die Chancen für die berufliche Mobilität aus gering bezahlten prekären Arbeitsverhältnissen zu verbessern. Im Hinblick auf die Entwicklung der Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung zeichnet sich im Bereich einfacher Arbeit kein einheitlicher Trend ab: Neben der zunehmenden Aufspaltung von Tätigkeiten, z. B. im Einzelhandel, lässt sich auch eine zunehmende Integration verschiedener Aufgaben, z. B. im Bereich ambulanter Pfl egetätig keiten, beobachten. Da in der Praxis Geringqualifizierte aufgrund der Konkurrenz anderer Per- WISO Diskurs so nen gruppen häufig geringe Chancen haben, sieht Weinkopf in einer stärkeren Aufgabenfragmentierung keine Lösung. Die These, dass die Ausweitung von Niedriglöhnen zu einem vermehrten Angebot an Einfacharbeitsplätzen und zur Verbesserung der Beschäftigungschancen von Geringqualifi zierten führt, lässt sich anhand der Entwicklung des Niedriglohnsektors widerlegen: Obwohl sich dieser in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet hat, wurden Arbeitsplätze in diesem Segment häufi g mit formal Qualifizierten besetzt. Insofern greifen diese Vorschläge zur Lösung der Beschäftigungsprobleme Geringqualifizierter zu kurz. In der Debatte um neue Arbeitsplätze im Bereich einfacher Tätigkeiten und den Abbau der Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter müssen vielmehr Fragen der Qualität der Arbeit stärker in den Vordergrund rücken. Noch in den 90er Jahren herrschte in der Industriesoziologie und bei den Arbeitswissenschaften die Auffassung vor, dass in der industriellen Produktion monotone repetitive Teilarbeiten zukünftig wegfallen würden und der ganzheitlich qualifizierten Facharbeit die Zukunft gehöre. Ute Clement zeigt, dass im Unterschied zu solchen Prognosen, die Einführung ganzheitlicher Produktionssysteme, z. B. in der Automobilindustrie, häufig zu Einfacharbeitsplätzen mit kurzen Taktzeiten, immer wiederkehrenden Verrichtungen und hohem Standardisierungsgrad geführt hat und die einfacheArbeit nicht aus den Betrieben verschwunden ist. Allerdings findet sie heute in einem veränderten organisatorischen Umfeld statt und unter Bedingungen, bei denen sich die Anforderungen des internationalen Marktes in den Unternehmen in entsprechenden Leistungskennzahlen und elektronischen Kontrollsystemen manifestieren und die Arbeit prägen. Getrieben durch die Globalisierung und die Dynamik internationaler Märkte haben sich in modernen Produktionssystemen spezifi sche Aufgabenprofile für einfache Arbeit durchgesetzt. Diese Arbeiten zeichnen sich z. B. im Bereich von Komplementäraufgaben durch erweiterte Tätigkeiten und höhere Qualifi kationsanforderungen aus. Derzeit werden auf solchen Ar beitsplätzen häufig Absolventen einer dualen Berufsausbildung eingesetzt. Für die Berufspädagogik ergeben sich aus dieser Situation eine Reihe von Fragen im Hinblick auf die inhaltliche Ausrich WISO Diskurs tung der berufl ichen Qualifizierung. Es geht u.a. darum, ob sich berufliche Ausbildung auch an derartigen Arbeitsverhältnissen und Qualifi kations anforderungen orientieren sollte oder ob ausschließlich für anspruchsvollere Facharbeitertätigkeiten ausgebildet werden sollte. Ute Clement plädiert für einen Weg, der einerseits dem prognostizierten Facharbeitermangel durch eine qualifizierte Ausbildung Rechnung trägt, andererseits aber auch Chancen für Menschen eröffnet, die bisher aufgrund fehlender Zugänge zu Berufsausbildung und fehlender Ausbildungsabschlüsse von Tätigkeiten in diesem Arbeitsmarktsegment, d.h. vor allem von einfachen Tätigkeiten im Bereich der Produktions- und Dienstleistungsarbeit, ausgeschlossen sind. Wesentlich ist aus ihrer Sicht, dass für Beschäftigte im Bereich einfacher Arbeit formalisierte und anschlussfähige Qualifizierungs- und Weiterbildungs optionen bereitgestellt werden. Dabei ist den veränderten Anforderungen im Bereich einfacher Produktionsarbeit Rechnung zu tragen: In fachli cher Hinsicht sind sie auf einem geringeren Anspruchsniveau angesiedelt, im Bereich der Komplementäraufgaben, wie z. B. Prozesswissen, Kommunikationsfähigkeit, ist zu berücksichtigen, dass Aufgaben komplexer und anspruchsvoller geworden sind. In einigen Unternehmen wird eine solche Qualifizierung bereits umgesetzt. Aus der Sicht von Clement muss es jedoch darum gehen, auf einer breiteren Basis Entwicklungsmöglichkeiten für den Bereich einfacher Arbeit zu fördern. Dazu könnte zunächst eine niedrigere Einstiegsqualifikation vermittelt werden, die die Arbeitsfähigkeit in diesen Einsatzfeldern sichert und durch eine kontinuierliche Kompetenzentwicklung, die parallel zur Erwerbstätigkeit angeboten wird, ergänzt wird. Ein solches Konzept ist aus ihrer Sicht kompatibel mit Vorschlägen der Europäischen Kommission für einen europäischen Qua lifizierungsrahmen, der die Durchlässigkeit und Kontinuität der Kompetenzentwicklung während des gesamten Erwerbslebens ins Zentrum stellt. Derartige Strukturen sollen die lebenslange Qualifizierung von der niedrigsten bis zur höchsten Qualifikationsstufe ermöglichen. Die Einstiegsschwelle für Qualifizierung ist hier so gesetzt, dass auch Menschen mit geringen Qualifi kationen erfasst werden und damit von der größeren Friedrich-Ebert-Stiftung Sicherheit, Anerkennung und Aufstiegsperspektive, die formalisierte und zertifi zierte Qualifi katio nen bieten, profitieren können. Grundsätzlich lässt ein solcher Qualifi zierungsrahmen nationale Regelungen zur Facharbeiterausbildung weiterhin zu. Daneben werden aber neue Wege des Qualifikationserwerbs und der Anerkennung eröffnet, die gerade für die Gruppe der Geringqualifizierten Chancen bieten. Für Beschäftigte, die einfache Tätigkeiten ausführen, kann eine Zertifizierung ihrer Kompetenzen sowohl Wege in den Arbeitsmarkt als auch zu höheren Stufen der Kompetenzentwicklung ermöglichen. Einfache Arbeit und prekäre Arbeit weisen eine große Schnittmenge auf, sie sind jedoch nicht deckungsgleich, denn Prekarisierungsprozesse finden über den Bereich einfache Arbeit hinaus statt. Umgekehrt ist einfache Arbeit nicht zwangsläufig prekäre Arbeit. Wenn sie mit einem existenzsichernden Einkommen und sozialer Absicherung einhergeht, fällt sie nach Ansicht von Klaus Dörre nicht in diese Kategorie. Die Prekarisierung der Arbeitsgesellschaft löst eine außergewöhnlich lange Phase der Nachkriegsprosperität ab, in der Lohnarbeit eine Institution mit Existenz- und Statussicherheit sowie sozialer Anerkennung war. Seit den 80er Jahren gibt es eine allmähliche Umkehr dieser Entwicklung durch neue Formen von immaterieller Dienstleistungs- und Informationsarbeit, die ein fl exibles Arbeitsmanagement erfordern, sowie durch den Druck eines internationalen Finanzmarkt-Kapitalismus, in dessen Folge Kernbestände des Lohnarbeitsstatus in Frage gestellt werden. Die Zunahme befristeter Beschäftigung, von Leiharbeit und geringfügiger Beschäftigung geht einher mit einer Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse. Obwohl sich die Mehrzahl der Beschäftigten gegenwärtig noch in einer Zone der Integration befi n- den, gibt es eine wachsende Zone der Prekarität. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie oberhalb eines gesellschaftlich definierten kulturellen Minimums nicht dauerhaft existenzsichernd ist. Die Datenlage hinsichtlich der Schnittmenge zwischen prekärer Beschäftigung und einfacher Arbeit weist insgesamt erhebliche Lücken auf. Dörre zeigt die Überlappung von einfacher Arbeit und prekärer Arbeit exemplarisch an einigen Beschäftigungsformen auf. Bei geringfügiger Wirtschafts- und Sozialpolitik Beschäf tigung, Mini- und Midijobs handelt es sich häufig um einfache Arbeit. Sie haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen und gelten sowohl wegen ihrer geringen Sozial- und Schutzrechte als auch wegen des Anreizes zur Aufspaltung beitrags pfl ichtiger Normalarbeitsverhältnisse in sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse als pre kär. Für den Bereich der Teilzeit lässt sich der Anteil einfacher Arbeit nicht exakt feststellen. Dörre vermutet wegen der starken Konzentration auf den Bereich der Dienstleistungen und der Frauenarbeit allerdings auch hier eine größere Schnittmenge. Im Niedriglohnbereich, der seit Mitte der 90er Jahre kontinuierlich zugenommen hat, gibt es ebenfalls eine große Überlappung zu einfacher Arbeit. Entgegen weit verbreiteten Auffassungen haben allerdings ca. 77% der Niedriglohnbeschäftigten einen qualifizierten Berufsabschluss. Die größte Übereinstimmung von einfacher Arbeit und prekärer Arbeit sieht Dörre im Bereich der Geringqualifi zierten. Sie gelten als besondere Problemgruppe am Arbeitsmarkt. Trotz der lückenhaften Datenlage lassen sich aus Sicht von Dörre Schlussfolgerungen für die arbeitspolitische Debatte ziehen. Wichtig ist der Hin weis, dass sich durch eine Ausweitung des Segments einfacher Arbeit, z. B. durch staatliche Förderung, die beschäftigungspolitischen Probleme nicht lösen lassen. Kritisch zu sehen sind außerdem Vorschläge der Arbeitgeberseite, die darauf abstellen, den Anteil einfacher Arbeit im Produktionsbereich durch eine neue Arbeitsteilung zwischen ein fachen Arbeiten und qualifi zierten Arbeiten sowie einer damit verbundenen größeren Lohnspreizung zu erhöhen. Das propagierte Leitbild einer solchen Produktionsarbeit auf dem Niveau von Angelernten erhöht aus Sicht von Dörre vielmehr das Ratio nalisierungs- und Verlagerungsrisiko. Die geringe gesellschaftliche Anerkennung einfacher Arbeit ist nicht nur ein moralisches Problem, sondern drückt sich auch in geringerer Bezahlung, stark belastenden Arbeitsbedingungen und schwachen Interessen ver tretungsstrukturen aus. Dies führt zu Entwicklungen, die wiederum dazu beitragen, dass einfache Arbeit zu einem bevorzugten Bereich für Kostensenkungsmaßnahmen und Tarifdumping wird. Es muss beunruhigen, dass selbst bei ehemals als sicher WISO Diskurs und geschützt geltenden einfachen Tätigkeiten durch Outsourcing der Prekarisierungsdruck zunimmt. Dadurch leidet sowohl die Attraktivität als auch die Qualität dieser Bereiche. Um weiteren Prekarisierungstenden zen im Bereich einfacher Arbeit Einhalt zu gebieten, hält Dörre einen gesetzlichen Mindestlohn für erforderlich. Diese Maßnahme gewinnt auch angesichts der anstehenden Freizügigkeit von Arbeitskräften im EU-Rahmen an Bedeutung, da ansonsten gerade in Bereichen einfacher Arbeit ein Lohndumping zu befürchten ist. Neben solchen „Haltelinien nach unten“ muss der Organisation der Interessen von prekär Beschäftigten höhere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Hierin liegt auch eine Zukunftsaufgabe für die Gewerkschaf ten. Die Reformen am Arbeitsmarkt haben den Druck auf schwächere Gruppen der Gesellschaft erhöht und führen nicht nur bei prekär Beschäftigten, sondern auch bei sog. Integrierten zu verstärkten Abstiegsängsten. Als eine Korrekturmaßnahme schlägt Dörre vor, befristete Arbeitsange legenheiten durch einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit sozialversicherungs pfl ich ti gen Beschäftigungsverhältnissen und geregeltem Lohn zu ersetzen. Im internationalen Vergleich sind in Deutschland die Chancen besonders schlecht, aus Zonen der Prekarität wieder herauszugelangen. Vor diesem Hintergrund hält Dörre bessere Aufstiegsperspektiven und eine stärkere Durchlässigkeit des Bildungs- und Beschäftigungssystems für unbedingt erforderlich. Eine Politik der Entprekarisierung einfacher Arbeit muss darüber hinaus in eine wirtschaftspolitische Strategie eingebettet werden, die sich nicht allein auf die High-Tech-Sektoren und auf die Exportfähigkeit der Wirtschaft konzentriert. Vielmehr geht es darum, auch auf die Entwicklung lokaler Dienstleistungen, z. B. im sozialen Bereich, zu setzen. Gesellschaftspolitisch ist eine Umsteuerung dringend nötig, um drohende gesellschaftliche Legitimationskrisen und antidemokratische Entwicklungen zu vermeiden. Ruth Brandherm Leiterin des Gesprächskreises Arbeit und Qualifi zierung der Friedrich-Ebert-Stiftung WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Filmreihe Einfache Arbeit in Deutschland Im Jahre 2006 macht sich die Journalistin Renate Teucher auf die Suche nach einfacher Arbeit in Deutschland. Was sie entdeckt, hält sie mit der Kamera fest. Stoff für eine Filmreihe entsteht, eine Auftragsproduktion der Friedrich-Ebert-Stiftung. Der Anstoß für den Film kommt aus dem Zusammentreffen zweier Frauen. Die Journalistin trifft auf die Leiterin des Gesprächskreises Arbeit und Qualifizierung, Ruth Brandherm. In Gesprächen entsteht die Idee, aus der Idee wird ein Projekt: eine Tagung zur einfachen Arbeit mit Filmen und Broschüre. Politische Kommunikation in der modernen Mediengesellschaft. Im Frühjahr 2006 beginnen die Dreharbeiten: im Leitstand eines Konverterbetriebes, am Montageband bei VW Kassel, ein ganzer Tag am Berliner Hauptbahnhof und auf den Spargelfeldern rund um Beelitz. Die Zeitarbeit gerät ins Visier und die Dienstleistungen, die unser Leben so lebenswert machen. Immer wieder neue Pers pektiven auf einfache Arbeit. Die Interviews mit den Experten vertiefen die Einblicke. Sie sprechen von der Ambivalenz qualifi zierter Routinearbeit, über Personalsstrategien für einfache Tätigkeiten und über die Prekarisierung einfacher Arbeit. Vier Filme entstehen, haben Premiere am 23. Oktober 2006, auf der Tagung zur einfachen Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Filme führen in die vier Themenblöcke ein und bringen die Realität einfacher Arbeit in den Tagungssaal: Menschen sprechen über ihre Erfahrungen mit einfacher Arbeit, Bilder zeigen die letzten Handarbeitsplätze und die neuen einfachen Tätigkeiten in den Dienstleistungen. Die Wirkung der Filme ist damit nicht erschöpft. Sie stehen nach der Tagung auf der Video- DVD3 und im Internet zur Verfügung. Unter www.mwb-ev.de/fes_fi lme gibt es auch die Filmtexte sowie Ausschnitte aus den Experteninterviews und der Tagung. Die Filme liefern den Stoff, um sich mit den Beschäftigungsperspektiven einfacher Arbeit auseinander zu setzen. Sie sind Bestandsaufnahme, benennen Herausforderungen und Risiken, zeigen Lösungsansätze. Damit richten sich die Filme an Arbeitsvermittler und Personaldienstleister, an das betriebliche Personalwesen und die berufl iche Bildung. Die Filme öffnen die politische Kommunikation, bringen das Thema einfache Arbeit in Schulen und in eine breite Öffentlichkeit. 3 Die Video-DVD ist auf einem DVD-Player abspielbar und auf einem Computer mit DVD-Laufwerk und Player für Video-DVD. Wirtschafts- und Sozialpolitik Kurzinhalte der Filme: 1. Einfache Arbeit in Deutschland 11:58 Min Der Film ist eine Bestandsaufnahme zur einfachen Arbeit in Deutschland. Im Stahlwerk sind die Schaufler und Feger rar geworden. Die letzten Handarbeitsplätze in der Schaltermontage werden nach Rumänien verlagert. Die Anlagen am modernsten Bahnhof Deutschlands beherrscht eine kleine Gruppe von Elektronikern. Einfache Arbeit in Deutschland: verschwunden, verlagert, automatisiert und integriert in anspruchsvolle Tätigkeiten. Gleichzeitig entstehen neue einfache Tätigkeiten in den Dienstleistungen. Deutsche Arbeitskräfte finden zur Saisonarbeit, stechen den Spargel. In die Getriebemontage bei Volkswagen kehrt die Routinearbeit zurück, aber qualifizierter. Die einfache Arbeit in Deutschland ist im Wandel. 2. Einfache Arbeit im Fokus Der Film zeigt die einfache Arbeit im Spannungsfeld unserer Arbeitsgesellschaft: Fachkräfte am Montageband bei einem Mangel an qualifi zierten Arbeitskräften. Jugendliche ohne Ausbildungsplatz, Geringqualifizierte ohne Arbeit und Studenten machen den Hotelservice im Nebenjob. Der Film zeigt die Widersprüche, aber auch Wege aus dem Teufelskreis: die zweijährige Ausbildung, ein Modellprojekt für Jugendliche ohne Ausbildungsreife und erfolgreiches Beschäftigungsmanagement in der landwirtschaftlichen Saisonarbeit. Fragen und weitere Informationen zur Filmreihe? Wenden Sie sich an: Renate Teucher Medienwerkstatt Berlin e.V. Kaiser-Friedrich-Str. 5 10585 Berlin Telefon: 030 342 1676 info@mwb-ev.de WISO Diskurs 3. Einfache Arbeit – Personalstrategien Der Film zeigt, wie die Personalstrategien dem Wandel einfacher Arbeit folgen. In der Industrie ist der Trend zu höher qualifizierter Arbeit nicht aufzuhalten. Weiterbildung muss dem Wandel einfacher Arbeit folgen. Wie das gehen kann, zeigen die Beispiele der Nachqualifizierung. In der Ausbildung öffnen die zweijährigen Berufe den Einstieg in Beschäftigung und den Aufstieg in Kar rieren. Eine andere Seite der Personalstrategien: Dienstleistungen werden fremdvergeben, der Leistungsdruck steigt, die Entgelte sinken. Der Film zeigt, wie Tausende von Zimmermädchen davon betroffen sind. 4. Wie prekär ist einfache Arbeit? Eine Frage, auf die es keine einfachen Antworten gibt, wie der Film zeigt. Nadine findet nach ihrer Ausbildung Beschäftigung in der Zeitarbeit und sieht es als Chance, sich auszuprobieren. Favid schlägt sich nach der Ausbildung mit Nebenjobs durch. Rosemarie Schulz ist über 50, geringqualifiziert und arbeitslos. Sie nimmt die Saisonarbeit in der Landwirtschaft an. Drei Beispiele, wie Menschen mit der neuen Unsicherheit von Beschäftigung umgehen. Die Arbeit in der Altenpflege wird gebraucht, auch einfache Arbeit. Quereinsteiger nutzen die Chance, 1-Euro-Jobber sind eine willkommene Hilfe. Entwicklungen, die nicht nur positiv gesehen werden. Arbeit in der Altenpflege, ein Beispiel, wie sich geringe Wertschätzung in schlechten Arbeitsbedingungen und geringen Entgelten niederschlägt. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Lutz Bellmann / Jens Stegmaier Einfache Arbeit in Deutschland Restgröße oder relevanter Beschäftigungsbereich? 1. Einleitung Seit dem Beginn der 1980er und in verstärktem Maße seit den 1990er Jahren setzte eine Spreizung der qualifi kationsspezifi schen Arbeitslosigkeitsquoten ein. Personen mit einem (Fach-)Hochschul ab schluss profitieren von deutlich besseren Arbeitsmarktchancen, wogegen Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko haben (Reinberg/Hummel 2005). Mehr denn je gilt, dass Bildung die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit darstellt. Berücksichtigt man die seit einiger Zeit steigende Arbeitslosenquote Geringqualifizierter (Personen ohne Berufsabschluss) und zugleich die Tatsache, dass das gesamte Arbeitsangebot der Geringqualifi zierten rückläufig ist, könnte vermutet werden, dass die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes hinsichtlich Geringqualifizierter erschöpft ist. Zu diesem Ergebnis gesellt sich der Befund der Wissensgesellschaft, der für Deutschland wie für viele andere Länder von einer v.a. auch in Zukunft zunehmenden Bedeutung (hoch-)qualifi zierter Arbeit ausgeht – nicht zuletzt die steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften verweist hierauf. Der technische Fortschritt bringt zusammen mit globalisierten Handelsverfl echtungen weltweit neue Formen der Arbeitsteilung mit sich. Während viele vormals klassische Industrienationen sich auf Bereiche der Hochtechnologie konzentrieren, wird der Anteil der einfachen Arbeit zunehmend geringer bzw. von anderen Ländern übernommen. Auch für Deutschland wird ein solcher qualifi kationsverzerrender technologisch- organisatorischer Wandel konstatiert (Schank 2003). Ab Mitte der 1980er Jahre kamen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass das „Ende der Ar beitsteilung“ bevorstehe und neue, integrative Produktionskonzepte den Beschäftigten ein umfassen des Tätigkeitsprofi l abver langen würden (Lindbeck/Snower 1999, Appelbaum/Batt 1994, Baethge 2004). Zwar wurde nie das völlige Ende einfacher Arbeit herbeigeschrieben, den noch galt der Trend zu wissensintensiver Arbeit als dominierend. Verbindet man diese einführenden Bemerkungen zur qualifi kationsspezifi schen Arbeitslosigkeit und zur zunehmend qualifi kationsintensiven Arbeitsnachfrage, drängt sich leicht der Eindruck einer Marginalisierungstendenz einfacher Arbeit auf. Wie es um den Umfang, aber auch um die Entwicklung der einfachen Arbeit in deutschen Betrieben gegenwärtig tatsächlich bestellt ist, soll im Folgenden mit den Daten des IAB-Betriebspanels (vgl. hierzu Bellmann 1997, 2002) untersucht werden. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob einfache Arbeit derzeit tatsächlich eher eine Restgröße ist oder ob es sich dabei (noch) um einen beschäftigungsrelevanten Bereich des Arbeitsmarkts handelt. Der Aufbau des Beitrags ist wie folgt: Zunächst werden einführend einige defi nitorische Anmerkungen gemacht und das zugrunde liegende Erhebungskonzept erläutert, um danach die Struktur und Bedeutung einfacher Arbeit in der gegenwärtigen Betriebslandschaft eingehend anhand empirischer Befunde zu betrachten. Ausführlich werden dann Ergebnisse mit den aktuellsten Daten aus der Welle 2005 des IAB-Betriebspanels vorgestellt: Wie verteilt sich gegenwärtig einfache Arbeit über die Branchen und Größenklassen? Wo werden Beschäftigte mit einfachem Tätigkeitsprofil gesucht und wo finden die Einstellungen statt? Werden Stellen einfacher Arbeit aufgebaut oder findet überwiegend ein Abbau statt? WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik 2. Begriffl iche Abgrenzung und Operationalisierung Ein unvorsichtiger Umgang mit Begriffen aus dem Themenfeld einfacher Arbeit kann zu – vermeidbaren – Missverständnissen führen. Insbesondere muss die formale Qualifikation der Person von dem tatsächlichen Qualifi kationsprofi l der konkreten Stelle, also dem Tätigkeitsinhalt, getrennt werden. Im Zusammenhang mit einfacher Arbeit interessieren dabei v.a. formal nichtqualifizierte Personen, also in der Regel Personen ohne einen berufl ichen Abschluss. Auf der Ebene der Stelle ist dagegen der Tätigkeitsbezug entscheidend und dies ist neben dem formalen Niveau ebenfalls die Basis der hier getätigten Aussagen. Im IAB-Betriebspanel wird die Qualifikationsstruktur der Belegschaften auch auf die Tätigkeit bezogen dargestellt, die formale Qualifikation selbst ist nicht allein ausschlaggebend bei der Darstellung der betrieblichen Qualifikationsstruktur. Eine einfache Tätigkeit wird im Einzelfall eben auch von einer formal (über-)qualifizierten Person ausgeübt. Das im IAB-Betriebspanel verwendete Konzept bildet die Personalstruktur über folgende Gruppen ab (Übersicht 1). Wenn im Weiteren also über einfache Arbeit auf Basis der Daten des IAB-Betriebspanels berichtet wird, geschieht dies zunächst anhand von Aussagen, die sich auf die Entwicklung der Qualifikationsstruktur der Betriebe beziehen, wobei diese die formale Qualifikation als auch die Tätigkeit der Beschäftigten berücksichtigt. Der Übersichtlichkeit halber werden die Gruppen bei vielen Darstellungen zusammengefasst. Stellen bzw. Personen, deren Tätigkeit zum Bereich der einfachen Arbeit gehört, sind un- und angelernte Beschäftigte sowie Angestellte bzw. Beamte, die Tätigkeiten ausüben, für die keine Berufsausbildung erforderlich ist. Diese werden im Weiteren vereinfachend als „Geringqualifizierte“ bezeichnet (ohne den Aspekt der formalen Qualifi kation übermäßig betonen zu wollen) und bilden den Ausgangspunkt für die nachfolgenden Darstellungen zur einfachen Arbeit. Als eigene Gruppe bestehen bleiben die Facharbeiter, wogegen die Angestellten bzw. Beamten für qualifizierte Tätigkeiten zur Gruppe der „Qualifizierten“, ebenso wie Auszubildende und Beamten anwärter4 zu der Gruppe der „Auszubildenden“ zusammengefasst werden. Letzteren ist gemeinsam, dass deren Verortung in der Personal- Übersicht 1 Erhebungskonzept der betrieblichen Qualifikationsstruktur im IAB-Betriebspanel • Un- oder angelernte Beschäftigte • Angestellte bzw. Beamte für einfache Tätigkeiten, die keine Berufsausbildung erfordern • Facharbeiter • Angestellte bzw. Beamte für qualifi zierte Tätigkeiten, die eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare Berufsausbildung oder eine entsprechende Berufserfahrung erfordern • Angestellte bzw. Beamte für qualifi zierte Tätigkeiten, die einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss erfordern • Tätige Inhaber, Vorstände und Geschäftsführer • Auszubildende • Beamtenanwärter Personen in einfacher Arbeit 4 Ein Beamtenanwärter ist nach dem Beamtenrecht ein Beamter auf Widerruf, der sich innerhalb einer Beamtenlaufbahn in einer Berufsausbildung befindet. Zwar lässt sich über die Zuordnung der Gruppe streiten, aufgrund ihres Anteils von deutlich unter einem Prozent hat dies aber eher eine formale Bedeutung. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung struk tur noch nicht feststeht. Von der Betrachtung und damit von der Basis der Anteile aus geschlossen wird die Gruppe der Inhaber, Vorstände und Geschäftsführer. Abschließend sei angemerkt, dass das Tätigkeitsprofil aus der Sicht der Betriebe dargestellt ist, eine individuelle Perspektive und eine subjektive Beurteilung des Tätigkeitsinhalts durch die Stelleninhaber entfällt demzufolge. Ob dies ein Vor- oder ein Nachteil ist, soll in diesem Rahmen nicht behandelt werden – es sei aber bei der Interpretation bedacht. 3. Empirische Ergebnisse 3.1 Entwicklung einfacher Arbeit Um den Stellenwert der einfachen Tätigkeiten in Deutschland beurteilen zu können, wird zunächst die Entwicklung in der jüngsten Vergangenheit (Abb. 1), genauer seit 2001, vorgestellt. Hier wird deutlich, dass seit 2002 über alle Betriebe in Deutschland hinweg nur noch für eine Tätigkeitsgruppe ein relativer Anstieg zu verzeichnen ist: Qualifizierte Beschäftigte stellen demnach derzeit rund die Hälfte aller Beschäftigten, die Anteile aller anderen Beschäftigtengruppen (sieht man von dem marginalen Anstieg der Gruppe der Angestellten für einfache Tätigkeiten von 2004 auf 2005 ab) haben insgesamt dagegen abgenommen – eine Entwicklung, die auch in den absoluten Zahlen zu finden ist. Die Gruppe, die jedoch die größten Einbußen erlitten hat, ist die der Facharbeiter und nicht etwa die Gruppe der Geringqualifizierten. Un- und Angelernte sowie Angestellte für einfache Tätigkeiten verzeichnen nur einen leichten Rückgang. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass der auf aggregierter Ebene deutliche Ausschlag des Anteils qualifizierter Beschäftigter teilweise damit zu tun haben könnte, dass im IAB-Betriebspanel seit 2003 die Information über qualifi zierte Beschäftigte detaillierter erhoben wird. Aufgrund Abbildung 1 Entwicklung der Qualifi kationsstruktur (Gesamt) .An- und Ungelernte Angestellte bzw. Beamte mit einfachen Tätigkeiten Facharbeiter Qualifi zierte 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2001 2002 2003 2004 2005 ..... Quelle: IAB-Betriebspanel WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Abbildung 2 Entwicklung der Qualifi kationsstruktur (West) .An- und Ungelernte Angestellte bzw. Beamte mit einfachen Tätigkeiten Facharbeiter Qualifi zierte 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2001 2002 2003 2004 2005 .... Quelle: IAB-Betriebspanel der Formulierung bzw. Logik ergibt sich jedoch kein Hinweis auf einen solchen Effekt – lediglich die zeitliche Koinzidenz ist bemerkenswert. Eine Differenzierung nach West- und Ostdeutschland (Abb. 2/3) zeigt für beide Regionen grundsätzlich dieselbe Entwicklung: Einem Aufbau der Gruppe der qualifi zierten Beschäftigten steht ein (fast) durchgehender Rückgang in allen anderen Qualifikationsgruppen gegenüber. Es sind jedoch für Ostdeutschland insgesamt wesentlich niedrigere Anteile an Beschäftigten in einfacher Arbeit als für Westdeutschland festzustellen: Der vergleichsweise hohe Anteil der Facharbeiter beruht zum Teil noch immer auf dem (Aus-)Bildungssystem der ehemaligen DDR. Unterschiedlich stark und auf unterschiedlichen Niveaus hat die Gruppe der Qualifi zierten seit 2001 auch innerhalb aller Branchen zugenom men (ohne Abb.). Betrachtet man demgegenüber den Verlauf der geringqualifi zierten Tätigkeitsgruppen, ist kein eindeutiger Trend innerhalb der Branchen festzuhalten, zumal die Differenzen geringer ausfallen – eine Interpretation ist nur begrenzt möglich. In den Dienstleistungsbe reichen kann jedoch von einem Zuwachs bei der Beschäftigung ausgegangen werden, hierauf weisen auch andere Untersuchungen hin (Gauselmann 2007). In der Gesamtschau muss trotz einiger Bewegungen auf Basis der hier verwendeten Daten für die letzten fünf Jahre von einem insgesamt relativ stabilen Anteil einfacher Arbeit ausgegangen werden. Im Umkehrschluss lassen sich aber damit auch keine etwaigen Marginalisierungstendenzen einfacher Arbeit, innerhalb des hier zugrunde gelegten Zeitraums, weder nach Region, noch nach Branchen belegen. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung . Abbildung 3 Entwicklung der Qualifi kationsstruktur (Ost) .An- und Ungelernte Angestellte bzw. Beamte mit einfachen Tätigkeiten Facharbeiter Qualifi zierte 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2001 2002 2003 2004 2005 .... Quelle: IAB-Betriebspanel Strukturen einfacher Arbeit 2005 Für das Jahr 2005 wird im Folgenden die Verbreitung einfacher Arbeit etwas ausführlicher betrachtet. Die Abbildungen 4 und 5 zeigen, wie sich alle Beschäftigten in einfacher Arbeit auf die Größenklassen und Branchen verteilen. Es wird also nicht die interne Struktur einer Größenklasse oder einer Branche relativ zu anderen beschrieben (dies folgt in einem weiteren Schritt), sondern es lässt sich erkennen, wie sich die Gesamtmenge der in den Betrieben eingesetzten einfachen Arbeit verteilt. So ist z. B. fast jeder dritte Beschäftigte der Land- und Forstwirtschaft in einfacher Arbeit, doch finden sich bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung hier eben auch nur rund 1,7% aller einfachen Beschäftigten (Abb. 5). Abbildung 4 lässt zunächst erkennen, dass rund drei Viertel aller Personen mit einfacher Arbeit in kleinen und mittleren Betrieben mit bis zu 249 Mitarbeitern (KMU) beschäftigt sind. Da Betriebe mit bis unter 250 Beschäftigten aber auch rund 71% der Gesamtbeschäftigung aufwei sen, liegt der Anteil von 73% aller Personen in einfacher Arbeit nur geringfügig darüber, so dass es sich hier annähernd um einen beschäftigungsproportionalen Wert handelt (vgl. z. B. Bellmann et al. 2006). Bei einer Betrachtung der Verteilung nach Branchen (Abb. 5) ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Mehr als die Hälfte aller Personen, die in einfacher Arbeit sind, lassen sich vier Branchen zuordnen: Handel, unternehmensbezogene und sonstige Dienste sowie Investitionsgüter. Damit ist der Wert gegenüber dem Anteil an der Gesamtbeschäftigung wiederum nur leicht erhöht. Die größte Abweichung von dem Anteil an der Gesamtbeschäftigung in Höhe von vier Prozentpunkten findet sich im öffentlichen Sektor, dessen Anteil an Personen in einfacher Arbeit nur halb so groß ist wie sein Anteil der Gesamtbeschäftigung (nicht abgebildet). Die bisherigen Ausführungen haben die Verteilung der einfachen Arbeit insgesamt in Deutschland beschrieben. Damit kann jedoch noch keine WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Abbildung 4 Verteilung aller Beschäftigten in einfacher Arbeit (nach Größenklassen) 1.000 und mehr Beschäftigte 0% 250 bis 499 Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 50 bis 249 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 1 bis 9 Beschäftigte 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Abbildung 5 Verteilung aller Beschäftigten in einfacher Arbeit (nach Branchen) Gebietskörperschaft / Sozialversicherung Gesundheits- und Sozialwesen Organisationen ohne Erwerbszweck sonstige Dienste unternehmensbezogene Dienste Kredit / Versicherung 5% 10% 15% 20% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Verkehr / Nachrichtenübermittlung Handel Baugewerbe Investitionsgüter Grundstoffverarbeitung Verbrauchsgüter Bergbau / Energie / Wasserversorgung Land- und Forstwirtschaft 0% WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Aussage hinsichtlich der Struktur innerhalb einer Branche oder Größenklasse getroffen werden. Eine Branche kann einen geringen Anteil an der Gesamtmenge aller Personen mit einfachen Tätigkeiten einnehmen, aber in der internen Struktur einen sehr hohen Anteil aufweisen. Mit einer solchen Betrachtungsweise können Schwerpunkte einfacher Arbeit identifi ziert werden. Betrachtet man zunächst die Betriebsgröße (Tabelle 1), wird deutlich, dass kleine und mittlere Betriebe mit bis unter 250 Beschäftigten einen höheren Anteil an einfachen Beschäftigten haben. Es sind allerdings keine besonders ausgeprägten Unterschiede – etwas deutlicher ist der geringere Anteil einfacher Arbeit in Großbetrieben ab 1.000 Beschäftigten. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass hinter diesem schwachen Größen effekt weitere Faktoren stehen dürften, die sich für diese Verteilung verantwortlich zeichnen lassen. Aus multivariaten Analysen ist z. B. bekannt, dass der reine Größeneffekt abnehmend positiv mit dem betrieblichen Anteil der An- und Ungelernten zusammenhängt. Faktoren, die sich als starke Prädiktoren im Zusammenhang mit einfacher Arbeit erwiesen haben, sind etwa im technischen Stand und im Innovationsverhalten der Betriebe zu sehen (Schank 2003). Eine Betrachtung nach Branchen (Tabelle 2) ergibt wiederum keinen einheitlichen Befund, der Anteil der Personen in einfacher Arbeit an der internen Qualifikationsstruktur bewegt sich zwischen 7 (Bergbau, Energie, Wasser) und 34 Pro zent (Grundstoffverarbeitung). Eher hohe Anteile fi n- den sich noch in der Land- und Forstwirtschaft, bei den Verbrauchsgütern, sonstigen Dienstleistungen sowie Verkehr und Nachrichten. Zwischenfazit: Restgröße oder relevante Beschäftigungsgröße? Bis zu diesem Punkt lässt sich festhalten, dass der Bereich der einfachen Tätigkeiten gegenwärtig (noch) nicht als beschäftigungspolitische Residualkategorie bezeichnet werden kann. Zwar weist die Entwicklung der letzten Jahre auf eine – wenn auch langsame – Zunahme des Anteils qualifi zierter Beschäftigter hin. Dies geschieht jedoch keineswegs nur zu Lasten des Anteils der einfachen Arbeit, deren Rückgang insgesamt eher schwach ausfällt. Dabei muss aber auch festgehalten werden, dass die Aussagen auf Basis der hier verwendeten Daten eher eine Momentaufnahme darstellen, da sich qualifi kationsspezifi sche Veränderungen der Arbeitsnachfrage auch längerfristig vollziehen. Betrachtet man die Verteilung des Gesamtaufkommens einfacher Tätigkeiten, kann man festhalten, dass es kaum Konzentrationen gibt, die Verteilung folgt weitestgehend der aller Beschäftigten. Ein Blick in die Binnenstruktur einzelner Branchen und Größenklassen zeigt schließlich Bereiche, die relativ geringe Anteile einfacher Arbeit aufweisen, es finden sich aber auch Branchen, die einen intensiven Einsatz einfacher Arbeit aufweisen. 3.2 Einstellung und Stellensuche im Bereich einfacher Arbeit – offene Stellen im Schatten der Arbeitslosigkeit Mit den vorliegenden Daten lassen sich weitere Aussagen zum Einstellungsverhalten der Betriebe machen – diese Informationen wurden, im Gegensatz zu den vorher diskutierten Fragen, 2005 erstmalig erhoben. Die Betriebe wurden dabei gefragt, wie viele Personen für einfache Tätigkeiten eingestellt wurden. Auch hier ist die Tätigkeit selbst betont – es ist nicht auszuschließen, dass höherqualifizierte Personen, insbesondere bei höherer Arbeitslosigkeit, Geringqualifi zierte verdrängen (zur Verdrängung vgl. etwa Kalina/Weinkopf 2005). Die Abbildungen 6 und 7 zeigen, wo solche Einstellungen im Bereich der einfachen Ar beit stattfanden. Deutlich über dem Durchschnitt sind die Einstellungsanteile in den sonstigen und unternehmensbezogenen Dienstleistungs branchen, in der Land- und Forstwirtschaft, Verbrauchsgüter, Verkehr und Nachrichten sowie bei den Organisationen ohne Erwerbszweck. Wiederum am anderen Ende finden sich die Branchen Bergbau/Energie/Wasser und Kredit/Versicherung. Einen höheren Anteil an Einstellungen für einfache Arbeiten an allen Einstellungen einer Größenklasse erkennt man wiederum im KMU- Segment (Abb. 6) – deutlich geringer, nur noch etwas mehr als jede fünfte Einstellung dagegen Wirtschafts- und Sozialpolitik Tabelle 1 WISO Diskurs Beschäftigtenstruktur (nach Größenklassen) An- und Ungelernte Angestellte bzw. Beamte mit einfachen TätigkeitenFacharbeiter Qualifi zierte Auszubildende 1 bis 9 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 50 bis 249 Beschäftigte 250 bis 499 Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 1000 u. mehr Beschäftigte Gesamt 16,8% 19,0% 20,1% 18,1% 19,3% 15,3% 18,4% 8,0% 6,2% 5,3% 4,5% 3,3% 3,5% 5,5% 22,6% 23,7% 21,3% 17,8% 16,1% 18,6% 21,0% 46,5% 45,5% 48,6% 55,0% 56,4% 58,3% 50,0% 6,0% 5,6% 4,7% 4,6% 4,9% 4,3% 5,1% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Tabelle 2 Beschäftigtenstruktur (nach Branchen) An- und Ungelernte Angestellte bzw. Beamte mit einfachen Tätigkeiten Facharbeiter Qualifi zierte Auszubildende Land- u. Forstwirtschaft Bergbau/Energie/ Wasserversorgung Verbrauchsgüter Grundstoffverarbeitung Investitionsgüter Baugewerbe Handel Verkehr/Nachrichtenübermittlung Kredit/Versicherung unternehmensbezogene Dienste sonstige Dienste Gesundheits- und Sozialwesen Org. ohne Erwerbszweck Gebietskörpersch./ Sozialversicherung 30,2% 5,8% 29,6% 31,1% 20,0% 11,6% 16,8% 27,1% 3,8% 21,1% 24,3% 10,8% 12,3% 8,2% 1,9% 1,3% 3,8% 2,0% 2,0% 2,5% 8,3% 4,9% 4,2% 5,4% 8,5% 8,2% 10,5% 4,1% 41,5% 40,7% 31,3% 31,1% 37,7% 56,5% 18,7% 30,5% 0,5% 10,8% 12,9% 5,6% 6,3% 10,0% 18,3% 47,5% 30,2% 32,2% 35,5% 21,6% 50,0% 34,8% 86,6% 59,6% 46,3% 69,9% 67,9% 74,2% 8,1% 4,8% 5,0% 3,5% 4,8% 7,7% 6,2% 2,8% 4,9% 3,1% 8,0% 5,5% 3,0% 3,6% Gesamt 18,4% 5,5% 21,0% 50,0% 5,1% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Abbildung 6 Anteil der Einstellungen in einfache Arbeit (nach Größenklassen) 1.000 und mehr Beschäftigte 0% 250 bis 499 Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 50 bis 249 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 1 bis 9 Beschäftigte 10% 20% 30% 40% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Gesamt Abbildung 7 Anteil der Einstellungen in einfache Arbeit (nach Branchen) Gebietskörperschaft / Sozialversicherung Gesundheits- und Sozialwesen Org. ohne Erwerbszweck sonstige Dienste unternehmensbezogene Dienste Kredit / Versicherung 0% 10% 20% 30% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Verkehr / Nachrichtenübermittlung Handel Baugewerbe Investitionsgüter Grundstoffverarbeitung Verbrauchsgüter Bergbau / Energie / Wasserversorgung Land- und Forstwirtschaft Gesamt 40% 50% WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Abbildung 8 Anteil nicht besetzter Stellen an allen zu vergebenden Stellen im Bereich einfacher Arbeit (nach Branchen) 1.000 und mehr Beschäftigte 0% 250 bis 499 Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 50 bis 249 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 1 bis 9 Beschäftigte 5% 10% 15% 20% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Gesamt erfolgt bei Betrieben ab 1000 Beschäftigten, wogegen die mittleren Betriebe fast 35% ihrer Einstellungen im Bereich der einfachen Arbeit vornahmen. Anzumerken ist bei diesem Befund jedoch, dass damit nur das Einstellungsverhalten dargelegt wurde. Von kleineren Betrieben weiß man jedoch auch, dass sie einer höheren Personalfluktuation ausgesetzt sind (Bellmann et al. 2006). Mit den hier analysierten Daten sind auch Aussagen darüber möglich, wie viele Stellen nicht besetzt wurden (Abbildung 8). Dies gibt einen Hinweis darauf, wo sich potenzielle Beschäftigte für einfache Arbeit (nicht) ausreichend bewerben. Hier wird deutlich, dass gerade die Kleinbetriebe bis unter 10 Beschäftigte, aber auch Betriebe mit bis zu 49 Beschäftigten deutlich mehr Schwierigkeiten haben als größere Betriebe. Zwar muss man hier bei der Interpretation vorsichtig sein, da hinter den Hochrechnungen teilweise geringe Fallzahlen5 stehen, die Unterschiede sind aber so markant, dass sie durchaus als Hinweis verstanden werden können – gerade hinter den hohen Werten der kleinen Betriebe stehen ausreichende Fallzahlen. Berücksichtigt man die Tatsache, dass kleinere Betriebe in der Regel geringere Löhne bezahlen, könnte eine Erklärung darin bestehen, dass eine Arbeitsaufnahme für Geringqualifi zierte nicht attraktiv genug ist (Schank 2003). Aber auch dieses Reservationslohnargument wird bezweifelt. Vielmehr wird auf ganze Ursachenbündel verwiesen, die sich dem Zusammenhang zwischen der hohen Arbeitslosigkeit Geringqualifi zierter und den durchaus vorhandenen offenen Stellen widmen. Teilweise sind familiäre Unvereinbarkeiten zu berücksichtigen oder es bestehen Mobilitätsschwierigkeiten (kein PKW o.ä.). Ein besonderes Problem in dem hier diskutierten Zusammenhang besteht darin, dass das Etikett „einfache Arbeit“ die Realität des konkreten Arbeitsalltags nur unzureichend beschreibt. Oftmals sind die durchaus mit der Tätigkeit verbundenen Anforderungen keineswegs gering, da die Tätigkeiten, insbesondere im Dienstleistungsbe reich, z. B. lange Arbeitszeiten aufweisen, eine hohe zeitliche 5 Hinter den letzten beiden Größenklassen stehen weniger als 10 Betriebe, hinter der Betriebsgrößenklasse 250 bis 499 Beschäftigte stehen 15 Betriebe. WISO Diskurs Flexibilität verlangen oder einen ausgeprägt kundenorientierten Charakter haben. Aber auch im gewerblichen Bereich werden zunehmend Flexibilitätsanforderungen und eine komplexere Arbeitsorganisation festgestellt. Die vielfach vorgeschlagene stärkere Ausdehnung von Maßnahmen betriebli cher Weiterbildung auf die Gruppe der Geringqualifizierten steht dabei allerdings vor dem Pro blem, dass diese Gruppe häufi g von negativen Lernerfahrungen berichtet und nur sehr geringe Nutz enerwartungen an Weiterbildungsanstrengun gen heranträgt. Wichtig scheint in diesem Zusammenhang die Anreicherung der Tätigkeit mit niederschwelligen arbeitsintegrierten Formen des Lernens, die den Präferenzen der Personen entsprechen (Ambos 2006). Von allen derzeit gesuchten Arbeitskräften in den Betrieben sind – was nach den Ergebnissen zur Beschäftigungs- und Einstellungsstruktur nicht mehr überrascht – die höchsten Anteile An- und Ungelernter sowie der Angestellten für einfache Tätigkeiten im Bereich der KMU, v.a. ab 50 Beschäftigten, zu verzeichnen, wogegen die Großbetriebe deutlich weniger Arbeitskräfte für den Bereich der einfachen Arbeit suchen (Tabelle 3). Etwas überraschender ist demgegenüber ein Ergebnis nach Branchen (Tabelle 4): So werden Personen für einfache Arbeiten v.a. bei den Dienst- Tabelle 3 Friedrich-Ebert-Stiftung leistungsbranchen und im Bereich Verkehr/Nachrichtenüber mittlung gesucht, allerdings werden in der Investitionsgüterindustrie wenige Einstellungen im Bereich einfacher Arbeit vorgenommen, obwohl der Anteil der Beschäftigten in diesem Bereich vergleichsweise hoch ist. 3.3 Stellenaufbau und -abbau: Was geschieht mit den Arbeitsplätzen? Eine Diskussion, die nicht zuletzt im Zuge der Osterweiterung der Europäischen Union unter dem Stichwort der Dienstleistungsrichtlinie verhandelt wurde, besteht darin, dass Unternehmen insbesondere einfache Tätigkeiten zunehmend abbauen oder in Länder mit geringerem Lohn- oder Regelungsniveau verlagern könnten. Mit dem IAB-Betriebspanel 2005 liegen auch repräsentative Ergebnisse über den diesbezüglichen Stellenauf- und abbau vor: Insgesamt haben rund 2,8% aller Betriebe Stellen im Bereich der einfachen Tätigkeiten aufgebaut, wohingegen 1,9% der Betriebe solche Stellen abgebaut haben. Über die Anzahl der Stellen kann man jedoch aufgrund der vorliegenden Datenstruktur keine Aussage treffen. Was den absoluten Stellensaldo betrifft, sind mit dem IAB-Betriebspanel somit nur Annäherungen feststellbar. Struktur der gesuchten Arbeitskräfte (nach Größenklassen) An- und Ungelernte Angestellte bzw. Beamte mit einfachen TätigkeitenFacharbeiter Qualifi zierte Auszubildende 1 bis 9 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 50 bis 249 Beschäftigte 250 bis 499 Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 1000 u. mehr Beschäftigte Gesamt 15,9% 19,1% 27,4% 11,3% 17,0% 13,7% 19,5% 8,2% 9,9% 6,9% 22,5% 0,4% 0,8% 8,7% 31,4% 26,6% 21,7% 14,7% 12,7% 10,0% 24,7% 32,7% 27,9% 25,4% 19,2% 32,2% 28,2% 28,2% 11,8% 16,5% 18,6% 32,3% 37,6% 47,2% 18,9% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Tabelle 4 Struktur der gesuchten Arbeitskräfte (nach Branchen) An- und Ungelernte Angestellte bzw. Beamte mit einfachen Tätigkeiten Facharbeiter Qualifi zierte Auszubildende Land- u. Forstwirtschaft Bergbau/Energie/ Wasserversorgung Verbrauchsgüter Grundstoffverarbeitung Investitionsgüter Baugewerbe Handel Verkehr/Nachrichtenübermittlung Kredit/Versicherung unternehmensbezogene Dienste sonstige Dienste Gesundheits- und Sozialwesen Org. ohne Erwerbszweck Gebietskörpersch./ Sozialversicherung 30,0% 0,0% 30,5% 10,3% 1,8% 11,9% 13,7% 40,9% 2,5% 18,9% 38,9% 12,7% 18,9% 6,3% 0,0% 2,9% 2,2% 1,7% 0,4% 1,6% 11,1% 11,9% 1,8% 10,5% 15,7% 5,6% 13,9% 4,6% 48,8% 10,5% 27,0% 36,3% 26,2% 79,6% 25,6% 30,0% 0,3% 21,4% 11,5% 4,6% 6,3% 3,5% 20,7% 8,0% 31,9% 32,3% 28,6% 3,7% 42,6% 15,0% 76,3% 22,3% 22,1% 48,6% 39,7% 50,1% 0,5% 78,6% 8,2% 19,4% 42,9% 3,2% 7,1% 2,1% 19,1% 26,9% 11,8% 28,4% 21,2% 35,4% Gesamt 19,5% 8,7% 24,7% 28,2% 18,9% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Bei einer Betrachtung der Betriebe, die Stellen aufgebaut haben, kann man an Abbildung 9 erkennen, dass Großbetriebe, eher als kleinere und mittlere Betriebe, Stellen aufgebaut haben, was dahingehend überraschend ist, als dass der Anteil der einfachen Arbeit dort geringer ausfällt und die durchschnittliche Personalfl uktuation geringer ist. Aber ein Blick auf den Anteil der Betriebe, die Stellenabbau betrieben haben (Abb. 10), zeigt im Vergleich zu Betrieben mit Stellenaufbau, dass unter den größeren Betrieben mehr Betriebe Stellen ab- als aufgebaut haben, wogegen der Anteil der kleineren, v.a. aber der mittleren Betrie be beim Stellenaufbau höher ist. Eine Betrachtung nach Branchen ergibt einen gemischten Befund (ohne Abbildung), Branchen, die viel Aufbau betreiben, stehen Branchen gegenüber, in denen der Anteil der Betriebe, die Abbau betreiben, größer ist. Der Anteilssaldo an Betrieben, die einen Stellenabbau betreiben, das ist vielleicht an dieser Stelle festzuhalten, ist nicht etwa in den Bereichen negativ bzw. stark negativ, die sehr geringe Anteile an einfacher Arbeit haben, Spitzenreiter sind hier vielmehr der öffentliche Sektor und Organisationen ohne Erwerbszweck. Die Gründe, die hinter dem Stellenabbau bei einfachen Tätigkeiten stehen, sind vielgestaltig (Abb. 11) und zeigen unterschiedlichste betriebliche Motivationen. Gängige Befürchtungen, teilweise auch Vorwürfe gegenüber der Wirtschaft sind in diesem Zusammenhang etwa die Verlagerung von Arbeitsplätzen in das Ausland oder der Wegfall von Arbeitsplätzen aufgrund von Ratio WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Abbildung 9 Anteil der Betriebe, die Stellen im Bereich einfacher Arbeit aufbauen (nach Größenklassen) 1.000 und mehr Beschäftigte 0% 250 bis 499 Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 50 bis 249 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 1 bis 9 Beschäftigte 5% 10% 15% 20% 25% 30% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 Abbildung 10 Anteil der Betriebe, die Stellen im Bereich einfacher Arbeit abbauen (nach Größenklassen) 1.000 und mehr Beschäftigte 0% 250 bis 499 Beschäftigte 500 bis 999 Beschäftigte 50 bis 249 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 1 bis 9 Beschäftigte 5% 10% 15% 20% 25% 30% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 nalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen. Auslagerung fand dagegen nur in wenigen Betrie- Ein Blick auf die Ergebnisse zeigt hierzu, dass der ben statt, eher wurden die Arbeitsinhalte in anüberwiegende Anteil der Betriebe die Stellen er-dere Stellenprofile des Betriebs eingegliedert. satzlos gestrichen hat. Eine Automatisierung oder WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Abbildung 11 Gründe für den Stellenabbau (Mehrfachantwort, in % aller Nennungen) Sonstige 0% Tätigkeit ersatzlos gestrichen Tätigkeiten in andere Betriebsteile ausgelagert Tätigkeit an externe Anbieter vergeben Tätigkeiten automatisiert 10% 20% 30% Quelle: IAB-Betriebspanel 2005 40% 50% In Tätigkeitsprofi le anderer Arbeitsplätze integriert 4. Zusammenfassung Bei der Diskussion über einfache Arbeit muss auf der begrifflichen Ebene zunächst darauf geachtet werden, dass die Qualifikationsstruktur der Stellen inhaber oder -bewerber nicht notwendig deckungsgleich mit dem Qualifi kationsprofi l der Stelle, also dem Tätigkeitsinhalt sein muss. Wenn geringqualifizierte Personen keine Arbeit fi nden können, obgleich Stellen angeboten werden, können auch Verdrängungsprozesse durch höher qualifizierte Personen stattfi nden. Aber wie kann nun zusammenfassend die Ausgangsfrage nach der zu- oder abnehmenden Bedeutung einfacher Arbeit beantwortet werden? Am ehesten mit einem „einerseits – andererseits“. Wie so oft verweigert sich die Realität einer einzigen griffigen Formel. Was die Entwicklung einfacher Arbeit in der jüngsten Vergangenheit betrifft, kann zunächst nicht von einer Marginalisierungstendenz oder einem drastischen Rückgang gesprochen werden. Es findet zwar ein leichter Anstieg des Anteils qualifi zierter Beschäftigter statt, allerdings geht dies auch zu Lasten der Facharbeiter. Eine Betrachtung nach Branchen und Größenklassen ergab weiterhin, dass sich das Gesamtaufkommen an einfacher Arbeit weitestgehend proportional zur Gesamtbeschäftigung verteilt. Dabei finden sich mehr als 50% der Personen in einfacher Arbeit in vier Branchen wieder (Handel, unternehmensbezogene und sonstige Dienstleistungen sowie Investitions güter). Bei der Binnenstrukturierung lässt sich dagegen erkennen, dass sich nach Betriebsgrößenklassen keine ausgeprägten Unterschiede ergeben, wohingegen eine Betrachtung nach Branchen ergibt, dass einzelne Wirtschaftszweige eine intensivere Beschäftigung im Bereich der einfachen Arbeit haben. Die Analyse der Einstellungen zeigte schließlich, dass Bewerber eher in KMU in eine einfache Tätigkeit eingestellt werden, zugleich fi nden sich auch dort die höchsten Werte – teilweise über 15% – für unbesetzte Stellen. Der Blick auf den Stellenauf- und -abbau ergab einen weiteren Hinweis für den Beschäftigungsbeitrag der KMU: Der Anteil der Betriebe, die Stellenabbau betreiben, ist dort insgesamt kleiner als der Anteil derer, die Stellen aufbauen. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Literatur: Ambos, Ingrid (2006): Geringqualifizierte in der beruflichen Weiterbildung. In: Bundesarbeitsblatt (3), S. 11-18. Appelbaum, Eileen; Batt, Rosemary (1994): The new American workplace. Transforming work systems in the United States. Ithaca. Baethge, Martin (2004): Ordnung der Arbeit – Ordnung des Wissens. Wandel und Widersprüche im betrieblichen Umgang mit Humanressourcen. SOFI-Mitteilungen 32. Bellmann, Lutz (1997): Das Betriebspanel des IAB. In: Reinhard Hujer, Ulrich Rendtel & Gert. Wagner (Hrsg.), Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Panel-Studien: Datenstrukturen und Analyseverfahren. Allgemeines Statistisches Archiv. Sonderheft Nr. 30. S. 169-182. Bellmann, Lutz (2002): Das IAB-Betriebspanel. Konzeption und Anwendungsbereiche. In: Allgemeines Statistisches Archiv. Bd. 86, H. 2 S. 177-188. 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WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Claudia Weinkopf6 Gar nicht so einfach?! Perspektiven für die Qualifi zierung, Arbeitsgestaltung und Entlohnung Einleitung Die Einschätzung, dass Einfacharbeit keine (besonderen) Qualifikationsanforderungen stellt, eben „einfach“ ist, ist weit verbreitet. In der Segmentationstheorie z. B. werden Tätigkeiten am unteren Rand des Qualifikationsspektrums als „Jedermanns- Arbeitsmarkt“ – oder in jüngster Zeit etwas gendersensibler als „Jederperson-Arbeitsmarkt“ – bezeichnet. In diesem Segment des Arbeitsmarktes spielen betriebs- oder fachspezifi sche Qualifi kationen definitionsgemäß keine Rolle: „Im Extremfall von reiner Jedermannstätigkeit ist das konkrete Arbeitsvermögen für das Zustandekommen einer Arbeitsmarkttransaktion irrelevant, da nur allgemeinste Befähigungen (etwa im Sinne zivilisatorischer Mindestbefähigungen) nachgefragt werden, die bei zahlreichen Anbietern von Arbeitskraft vorausgesetzt werden können.“ (Lutz 2002: 19) Auch in der aktuellen politischen Debatte über Ansatzpunkte zur Verbesserung der Beschäftigungschancen von gering Qualifi zierten wird häufig unterstellt, es gebe (noch) Arbeitsplätze ohne besondere Qualifikationsanforderungen – vor allem im Bereich „einfacher“ Dienstleistungen. Die Frage, an welche konkreten Tätigkeiten hierbei gedacht ist, bleibt jedoch häufi g unbeantwortet. Oft wird allein auf die vergleichsweise niedrige Produktivität solcher Tätigkeiten bzw. auf eine geringe Zahlungsbereitschaft der Kund/innen für die betreffenden Dienstleistungen Bezug genommen. Beschäftigungspotenziale in diesen Bereichen könnten vor allem mit Hilfe niedriger Löhne und Arbeitskosten (ggf. unterstützt durch so genannte „Kombilöhne“) erschlossen werden, da die Schaffung und Besetzung solcher Stellen vor allem durch mangelnde Arbeitsanreize auf Seiten der Arbeitslosen erschwert werde. „Der qualifi katorische Mismatch (…), der sonst eine Rolle spielt, scheidet als Erklärung bei Niedriglohnberufen aus – sie zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass die Anforderungen moderat sind. Zur Not lassen sich fehlende Kenntnisse per Crashkurs vermitteln“, konstatiert z.B. das Institut der Deutschen Wirtschaft (2004: 5). Die aktuellen Reformen in der Arbeitsmarktpolitik folgen dieser Argumentationslinie insofern, als eine Reduzierung der Arbeitslosigkeit u.a. durch eine Verschärfung der Zumutbarkeitskri terien sowie eine Absenkung des Niveaus der Transferleistungen (Stichwort „Hartz IV“) erreicht werden soll, während gleichzeitig Weiterbildungsmaßnahmen erheblich reduziert worden sind. Ein Defizit der Analysen und Annahmen auf beiden Ebenen besteht nach unserer Einschätzung darin, dass kein Abgleich mit den tatsächlichen Anforderungen von Unternehmen an das Personal für solche Tätigkeiten erfolgt und Veränderungstendenzen im Bereich der „Einfacharbeit“ zu wenig Beachtung geschenkt wird. Ohne genauere Kenntnis der Unternehmensstrategien bei der Besetzung solcher Stellen besteht jedoch das Risiko, dass die zur Belebung des deutschen Arbeitsmarktes empfohlenen Therapien nicht zum gewünschten Erfolg führen. In diesem Beitrag wird gezeigt, dass sowohl die Ergebnisse von statistischen Analysen zur Be 6 Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), Universität Duisburg-Essen (bis 31. Dezember 2006: Institut Arbeit und Technik). Kontakt: claudia.weinkopf@uni-due.de WISO Diskurs schäftigungsentwicklung von formal gering Qualifizierten als auch eine Reihe von qualitativen Studien Anlass zu einer differenzierteren Sichtweise geben. Vermeintliche Einfacharbeit ist häufig „gar nicht so einfach“ – so die Kernthese dieses Beitrags. Im zweiten Teil wird darüber hinaus dafür plädiert, Einfacharbeitsplätze nicht allein unter arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Aspekten zu betrachten, sondern auch die Qualität solcher Arbeitsplätze (wieder) stärker in den Blick zu nehmen, was nach unserem Eindruck in den letzten Jahren vernachlässigt worden ist. Dass dies dringend notwendig erscheint, wird hier bezogen auf die Bereiche Qualifi zierung, Arbeitsgestaltung und Entlohnung gezeigt. Formal gering Qualifi zierte auf dem Arbeitsmarkt Die Beschäftigungschancen von formal gering Qualifizierten haben sich in den letzten 30 Jahren erheblich verschlechtert. Während die qualifi kationsspezifischen Arbeitslosenquoten Mitte der siebziger Jahre in Westdeutschland noch sehr eng beieinander lagen, betrug die Arbeitslosenquote formal gering Qualifizierter 2004 23% und lag Friedrich-Ebert-Stiftung damit mehr als doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote (vgl. Bellmann in diesem Band). Gleichzeitig ist die Zahl formal gering Qualifizierter unter den sozialversicherungspfl ichtig Beschäftigten in Westdeutschland zwischen 1980 und 2002 um über 45% auf 3,5 Millionen zurückgegangen. Der Anteil formal gering Qualifi zierter hat sich im selben Zeitraum von 30% im Jahre 1980 auf 16,8 % im Jahre 2002 fast halbiert (Abbildung 1). Ostdeutschland weist ohnehin traditionell einen erheblich geringeren Anteil von formal gering Qualifizierten auf: 2002 hatten nur 6,5% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten keine Berufsausbildung oder einen akademischen Abschluss. Die Arbeitslosenquote gering Qualifi zierter ist in Ostdeutschland mit über 50% allerdings noch erheblich höher als in Westdeutschland. Bemerkenswert ist, dass sich der stärkste Rückgang der Beschäftigung von formal gering Qualifizierten in Westdeutschland zwischen 1980 und 1995 vollzog, während vor allem zwischen 1999 und 2002 eher eine Stagnation festzustellen ist. Differenzierte Auswertungen für einzelne Wirtschaftszweige und Berufe haben zudem ge- Abbildung 1 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ohne Berufsabschluss 5,909 Quelle: Hieming et al. 2005: 24; eigene Darstellung 3,917 3,574 3,507 30% 19% 17,5% 16,8% 1980 1995 1999 2002 7,0 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 Rückgang 1980 – 2002: - 2,402 Millionen (45,3%) WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Abbildung 2 Nicht-Facharbeiter/innen nach Qualifikation (Westdeutschland) – in 1.000 3882 Quelle: Hieming et al. 2005: 38f; eigene Darstellung 1980 1995 1999 2002 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 1255 5137 2546 1640 4186 2330 1763 4093 2221 1855 4076 Änderungen 1980 – 2002: Gesamt: -20,6% Gering Qualifizierte: -42,8% Qualifizierte: + 47,9% Gering Qualifi zierte Qualifi zierte Gesamt zeigt, dass es gegen den allgemeinen Trend durchaus auch Tätigkeiten gibt, in denen gering Qualifi zierte zwischen 1999 und 2002 Beschäftigungsgewinne zu verzeichnen hatten (z.B. unternehmensnahe, haushalts- und personenbezogene Dienstleistungen sowie Infrastrukturdienstleistungen), was allerdings den generellen Trend des anhaltenden Beschäftigungsrückgangs gering Qualifi zierter nicht umkehren konnte. Z. T. dürften die Beschäftigungsgewinne in manchen Dienstleistungsbereichen auch auf eine Auslagerung einfacher Tätigkeiten aus dem Produzierenden Gewerbe zurückzuführen sein (vgl. ausführlicher Hieming et al. 2005). Gering Qualifizierte arbeiten fast unverändert weit überwiegend als Nicht-Facharbeiter/innen (1980: 71,9% und 2002: 75,3%). Aber ihre Zahl und ihr Anteil an den Beschäftigten in dieser Position ist deutlich gesunken – von 75,6% (1980) auf 54,5% (2002), was in absoluten Zahlen einem Rückgang von -1,66 Millionen Beschäftigten entspricht). Die Zahl der formal Qualifizierten, die als Nicht-Facharbeiter/innen arbeiten, ist demgegenüber deutlich gestiegen: Im Vergleich zu 1980 waren im Jahre 2002 600.000 qualifi zierte Beschäftigte mehr als Nicht-Facharbeiter/innen tätig (vgl. Abbildung 2). Dies verweist darauf, dass formal gering Qualifizierte von höher Qualifi zierten verdrängt worden sind. Hinsichtlich der strukturellen Merkmale formal gering Qualifizierter ist festzustellen, dass Frauen leicht und Ausländer/innen stark überproportional vertreten sind. Ältere sind tendenziell häufiger gering qualifiziert als Jüngere. Allerdings ist hier in den vergangenen Jahren eine Stagnation festzustellen: In den letzten 10 Jahren hat sich das Bildungsniveau in der Altersgruppe unter 24 Jahre nicht mehr erhöht, was angesichts der ungünstigen Arbeitsmarktprognosen für gering Qualifizierte überaus problematisch erscheint. Weitgehend ausgeblendet wird weiterhin, dass bereits heute gut 63% der Arbeitsplätze am unteren Rand des betrieblichen Qualifi kations WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung spektrums mit formal Qualifizierten besetzt sind, was knapp 16 % dieser Gruppe betrifft. Umgekehrt arbeitet etwa ein Drittel der formal gering qualifizierten Beschäftigten in qualifi zierten Tätigkeiten (vgl. Leicht u.a. 2004: 63f.). Bereits diese Fakten deuten darauf hin, dass die Gleichsetzung „einfache Tätigkeit = formal gering qualifi ziert“ zu pauschal ist. Dies lässt sich auch anhand der Ergebnisse einiger qualitativer Studien belegen (vgl. z.B. Zeller et al. 2004; Strotmann/Volkert 2002). Wir stützen uns hier vorrangig auf die Ergebnisse unserer eigenen Studie zur „Stellenbesetzung im Bereich ‚einfacher’ Dienstleistungstätigkeiten“, die im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums zwischen 2003 und 2005 durchgeführt worden ist (vgl. Hieming et al. 2005; Hieming et al. 2006). Stellenbesetzungsprozesse Im Mittelpunkt des qualitativen Teils dieser Studie stand die Frage, wie Unternehmen bei der Besetzung von Arbeitsplätzen mit eher niedrigen Qualifikationsanforderungen vorgehen, ob dabei Probleme auftreten und welche Anforderungen an das Personal gestellt werden. Im Rahmen der 25 Betriebsfallstudien in vier Branchen (Einzelhandel, Gebäudereinigung, Hotels, Altenpfl ege) wurden 72 Interviews mit insgesamt 88 Personen auf unterschiedlichen Ebenen (Personalverantwortliche, Vorgesetzte, Betriebsräte, Beschäftigte) geführt. 7 Darüber hinaus fanden 35 Kontextgespräche mit Vertreter/innen von verschiedenen am Vermittlungsprozess beteiligten Institutionen (Arbeitsagenturen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Zeitarbeitsunternehmen etc.) statt (Hieming et al. 2005). Anders als z. B. in der Studie von Leicht u.a. (2004) sind wir nicht mit einer eigenen Defi nition von einfachen Tätigkeiten an die Unternehmen herangetreten, sondern haben die betrieblichen Akteure gefragt, welche Arbeitsplätze aus ihrer Sicht hierzu zu zählen sind. Tendenziell be traf dies Tätigkeiten, für die eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht zwingend erforderlich ist. Trotzdem gab es sehr unterschiedliche Positionen bezogen auf den Begriff der „Einfacharbeit“: Während in einem ostdeutschen Unternehmen von „schrecklich einfachen“ Tätigkeiten die Rede war (obwohl nahezu alle Beschäftigten eine abgeschlossene Berufsausbildung aufwiesen), lehnten andere bereits den Begriff der „Einfacharbeit“ als völlig unzutreffend ab. Bei den untersuchten Tätigkeiten handelte es sich um ein breites Spektrum „einfacher“ Tätigkeiten: um gewerbliche Reinigungsarbeitsplätze, die Zimmerreinigung in Hotels, um Lager- und Kassentätigkeiten im Einzelhandel sowie um hauswirtschaftliche und pfl egerische Hilfstätigkeiten in der stationären und ambulanten Altenpflege. Alle diese Arbeitsplätze zeichnen sich tendenziell durch vergleichsweise niedrige Löhne, ungünstige Arbeitszeiten und – vor allem bei den Reinigungs- und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten – durch ein eher geringes gesellschaftliches Ansehen aus. Hinzu kommt, dass viele dieser Arbeitsplätze inzwischen nicht (mehr) in Vollzeit angeboten werden, sondern zunehmend vor allem als Minijobs oder sozialversicherungspfl ichtige Teilzeitarbeitsplätze, was i.d.R. bedeutet, dass das zu erzielende Einkommen allein nicht existenzsichernd ist. Trotzdem – und das war ein auch für uns überraschend eindeutiges Ergebnis – berichtete keines der beteiligten Unternehmen von einem Mangel an Bewerbungen; im Gegenteil: Die meisten beklagten eine wahre Bewerbungsfl ut, obwohl die Betriebsfallstudien 2003/2004 und damit vor der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) durchgeführt wurden. Wenn überhaupt von Problemen berichtet wurde, dann betrafen diese eher die mangelnde Eignung von Bewerber/innen. Dies steht in einem engen Zusammenhang damit, dass die Anforderungsprofile der Unternehmen für die meisten der untersuchten einfachen Tätigkeiten offenbar 7 Im Rahmen einer weiteren Studie zur Niedriglohnbeschäftigung und der Qualität der Arbeitsplätze am unteren Rand des betrieblichen Qualifikationsspektrums, die von der Russell Sage Foundation mit Sitz in New York gefördert wurde und an der Teams aus fünf europäischen Ländern beteiligt waren, wurden weitere Branchen untersucht: Call Center, Krankenhäuser und die Ernährungsindustrie. Die Ergeb nisse werden im Herbst 2007 veröffentlicht. Vgl. Bosch/Weinkopf 2007. Wirtschafts- und Sozialpolitik breiter und differenzierter sind als oftmals unterstellt wird: Gefordert werden je nach Art der Tätigkeit körperliche Fitness und ein ansprechendes äußeres Erscheinungsbild, Schlüsselqualifi kationen, Leistungsbereitschaft, gute Deutschkenntnisse, Fachkompetenzen, Berufserfahrung und nicht selten auch eine (ggf. fachfremde) Berufsausbildung. Selbst wenn ein Berufsabschluss für die Ausübung der betreffenden Tätigkeit nicht zwingend erforderlich ist, bevorzugen die Unternehmen oftmals trotzdem formal qualifi zierte Bewerber/in nen – mit ganz unterschiedlichen Begründungen: Vor allem im Einzelhandel und bei Pfl egetätigkeiten wurde diesbezüglich auf die fachlichen Anforderungen verwiesen und darauf, dass Kundenkontakte die Regel oder zumindest nicht ausgeschlossen sind. Außerdem wird formal qualifi zierten Beschäftigten unterstellt, dass sie tendenziell fl exibler einsetzbar seien. Z. T. wird das Kriterium einer abgeschlossenen Berufsausbildung jedoch auch schlicht mangels anderer verlässlicher Auswahlkriterien als Signal für Eignung und Durchhaltevermögen von Bewerber/innen genutzt – also quasi als Hilfskriterium, um Fehlentscheidungen bei der Stellenbesetzung möglichst zu vermeiden. Die meist große Anzahl von Bewerbungen hat nicht wenige der von uns befragten Unternehmen dazu veranlasst, offene Stellen nicht mehr der öffentlichen Arbeitsvermittlung zu melden, son dern vorrangig interne Rekrutierungswege (Emp fehlungen der eigenen Beschäftigten, Aushänge etc.) zu nutzen. Im Ergebnis führt die Dominanz interner Suchwege dazu, dass Arbeitslose tendenziell geringere Chancen haben, überhaupt von diesen offenen Stellen zu erfahren. Dass dies nicht nur Einfacharbeitsplätze in den vier von uns untersuchten Branchen betrifft, sondern ein genereller Trend zu sein scheint, belegt die breiter angelegte Untersuchung von Leicht u.a. (2004: 123), die zum Ergebnis gekommen ist, dass insgesamt nur jeder sechste Betrieb bei der Besetzung von Einfacharbeitsplätzen die Arbeitsagenturen einschaltet, während fast 45% der Betriebe informelle Suchwege nutzen. Nach unseren Ergebnissen werden in Einzelfällen auch Zeitarbeitsunternehmen, Personal-Service-Agenturen und lokale WISO Diskurs Beschäftigungsträger bei der Stellenbesetzung eingeschaltet. In diesen Fällen haben Arbeitslose zumindest etwas größere Chancen, sich im Rahmen von Praktika oder zunächst zeitlich befristeten Arbeitseinsätzen zu bewähren, was im besten Fall zur anschließenden Übernahme in reguläre Beschäftigung führt. Sowohl unsere statistischen Analysen als auch die qualitativen Ergebnisse verweisen darauf, dass formal Qualifi zierte häufig bevorzugt eingestellt werden. Dass Unternehmen diese Strategie auch auf Arbeitsplätzen mit eher ungünstigen Arbeitsbedingungen und niedriger Entlohnung erfolgreich durchsetzen können, dürfte sicherlich auch durch die hohe Arbeitslosigkeit begünstigt werden. Weitere Konkurrenz erwächst gering Qualifi zierten jedoch auch aus anderen Gruppen, die Nebenjobs mit kurzen Arbeitszeiten suchen und damit der Politik vieler Unternehmen, Teilzeitarbeitsplätze und Minijobs auszuweiten, entgegen kommen. Perspektiven Wenn gering Qualifizierte beim Zugang zu Erwerbsarbeit aus verschiedenen Richtungen „in die Zange genommen“ werden, stellt sich aus arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischer Perspektive die Frage nach geeigneten Ansatzpunkten, um die Beschäftigungschancen dieser Gruppe gezielt zu verbessern. Die Ergebnisse unserer Studie lassen zweifelhaft erscheinen, ob sich dies durch eine Erhöhung der finanziellen Arbeitsanreize von Arbeitslosen etwa durch die Einführung von Kombilöhnen erreichen ließe. Denn dies würde voraussichtlich die von den Unternehmen bereits jetzt beklagte Bewerberflut weiter vergrößern. Zu mehr Beschäftigung würden erhöhte Arbeitsanreize demgegenüber nur führen, wenn sich hierdurch bislang nicht besetzbare Stellen besetzen ließen. Bei einem rein beschäftigungsorientierten Focus bleiben zudem Fragen der Qualität der Arbeitsplätze außer acht, obwohl hier – wie im Folgenden bezogen auf die drei Aspekte Qualifi zierung, Arbeitsgestaltung und Entlohnung skizziert wird – zahlreiche Probleme bestehen, denen jedoch seit Jahren kaum Beachtung geschenkt wird. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Qualifi zierung Wir haben auf der Basis unserer Forschungsergebnisse einige Empfehlungen für die Arbeitsmarktpolitik und -vermittlung formuliert, die an dem ansetzen, was wir in den Unternehmen über Auswahlprozesse für Einfacharbeitsplätze erfahren haben, z. B. eine verbesserte Dokumentation von Erfahrungen und (Teil-)Qualifi kationen unterhalb einer abgeschlossenen Berufsausbildung (vgl. Hieming u.a. 2005: 234ff.). Einen weiteren Ansatzpunkt bietet für Beschäftigte die Verknüpfung von Arbeiten und Lernen im Betrieb – formalisiert oder auch on-the-job, etwa im Rahmen betrieblicher Einarbeitung. Weitere Möglichkeiten – auch für Arbeitslose, die wieder in Beschäftigung kommen wollen – bieten nach unseren Ergebnissen auch verschiedene „informelle“ Wege: Z. T. gelingt die Wiedereingliederung in reguläre Beschäftigung über ein Praktikum, einen Zeitarbeitseinsatz oder eine Beschäftigung zunächst als „Aushilfe“, weil dies die Möglichkeit bieten kann, die Eignung und das eigene Durchhaltevermögen unter Beweis zu stellen. Ob gering Qualifizierte bei Einstellungen auf Einfacharbeitsplätze zum Zuge kommen, wird allerdings auch dadurch beeinflusst, inwieweit die Unternehmen bereit sind, neu eingestellten Beschäftigten eine betriebliche Einarbeitungsphase zu gewähren (vgl. ausführlicher auch Jaehrling/ Weinkopf 2006). Die Reichweite der Handlungsmöglichkeiten, formal gering Qualifi zierte bei der Integration in Beschäftigung zu unterstützen, ist aber zweifellos insgesamt eher begrenzt. In Übereinstimmung mit anderen Studien, z. B. des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (vgl. z.B. Reinberg/Hummel 2005) und von Leicht u.a. (2004) sehen wir besondere Herausforderungen an die Bildungspolitik. Da wirklich einfache Arbeitsplätze ohne besondere Anforderungen kaum noch vorhanden sind und auch nicht davon auszugehen ist, dass sich dies künftig wieder ändert, muss alles daran gesetzt werden, um den seit einigen Jahren erkennbaren Trend, dass unter Jüngeren der Anteil von Personen ohne formale Qualifikation wieder ansteigt, umzukehren. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die Aufwärtsmobilität aus gering bezahlten prekären Jobs erhöht werden kann. Im Vergleich zu anderen Ländern steht Deutschland hier offenbar eher schlecht da. Das IAB hat kürzlich eine Studie vorgelegt, die zeigt, dass sich die Aufstiegsmobilität von gering Verdienenden in den letzten zwei Jahrzehnten sogar deutlich verschlechtert hat (Rhein et al. 2005). Eigene Analysen, die wir im Rahmen des international vergleichenden Projektes zu Niedriglohnbeschäftigung und einfachen Tätigkeiten durchgeführt haben, kommen zu ähnlichen Ergebnissen (Bosch/Kalina 2007). Dies steht tendenziell im Widerspruch zur Philosophie der aktuellen Arbeitsmarktreformen, die davon ausgehen, dass „irgendeine“ Arbeit immer besser ist als Arbeitslosigkeit, weil dies ein Sprungbrett in bessere Jobs ist. Nicht selten entpuppt sich dieser Weg jedoch offenbar als Sackgasse. Arbeitsgestaltung Bezogen auf die Arbeitsorganisation und -gestaltung von Einfacharbeitsplätzen sind auf der betrieblichen Ebene widersprüchliche Trends – auf der einen Seite eine zunehmende Aufspaltung (Fragmentierung) von Tätigkeiten und auf der anderen Seite eine zunehmende Integration (Bündelung) von verschiedenen Tätigkeiten – erkennbar. Nach unserem Eindruck unterscheidet sich die vorherrschende Richtung z. T. nach der Art der Tätigkeiten, nicht selten aber auch von Unternehmen zu Unternehmen, was darauf hinweist, dass hierbei auch unternehmerische Strategien eine wichtige Rolle spielen. Tendenzen zur zunehmenden Aufspaltung von Tätigkeiten haben wir z. B. im Einzelhandel vorgefunden: In vielen Unternehmen übernehmen unterschiedliche Personen Teilaufgaben wie das Regale befüllen, die Durchführung von Bestellungen und die Aufgaben an der Kasse – z. T. sogar nach verschiedenen Sparten innerhalb der Betriebe getrennt. Eine Integration solcher Tätigkeiten zu ganzheitlichen, multifunktionalen Arbeitsplätzen findet sich demgegenüber eher selten. Auch bei der Zimmerreinigung in Hotels geht das zunehmende Outsourcing dieser Tätig Wirtschafts- und Sozialpolitik keiten an externe Dienstleister (Vanselow 2006) mit einer Fragmentierung einher, da hier – anders als in den Hotels selbst – eine Mischung mit anderen anfallenden Arbeiten nicht mehr möglich ist. In anderen Tätigkeiten ist demgegenüber eine zunehmende Integration verschiedener Arbeitsaufgaben zu beobachten, weil dies eine höhere Flexibilität des betrieblichen Arbeitseinsatzes verspricht und die Bewältigung eines schwankenden Arbeitsanfalls erleichtert. So wurde in einigen unserer Betriebsfallstudien, z. B. bei ambulanten Pflegetätigkeiten, in Krankenhäusern sowie in manchen Call Centern argumentiert. Theoretisch bietet die Strategie der Aufgabensegmentierung tendenziell bessere Chancen, dass auch gering Qualifizierte eingesetzt werden können, weil die Qualifi kationsanforderungen dabei weniger breit und umfassend sind. Allerdings erscheint fraglich, ob dies in der Praxis wirklich zum Zuge kommt. Unsere Betriebsfallstudien verweisen darauf, dass u.a. aufgrund der Konkurrenz durch andere Personengruppen (z. B. Studierende, Schüler/innen, Berufsrückkehrer/innen, Nebenbeschäftigte) formal gering Qualifi zierte häufi g trotzdem das Nachsehen haben. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Teiltätigkeiten oft nur einen geringen zeitlichen Umfang auf der betrieblichen Ebene haben und deswegen häufi g in Teilzeit oder sogar als Minijob angeboten werden. Dies bietet aber nur einen Zuverdienst. Alleine auf diese Strategie zu setzen, erscheint wenig erfolgversprechend – zumal eng begrenzte Aufgaben aus der Perspektive der betroffenen Beschäftigten erhebliche Risiken bergen (z. B. leichte Austauschbarkeit). Weitere besondere Herausforderungen bestehen zweifellos im Zusammenhang mit der Arbeitsgestaltung auf Einfacharbeitsplätzen – konkret z. B. bezogen auf den Gesundheitsschutz: Auf vielen Einfacharbeitsplätzen ist eine zunehmende Arbeitsintensivierung festzustellen (z. B. in der Gebäudereinigung und der Zimmerreinigung in Hotels), die mit hohen und steigenden Anforderungen an die körperliche Fitness und häufi g darüber hinaus auch mit besonderen psychischen Belastungen einher geht (z.B. Call Center, Pfl ege). WISO Diskurs Entlohnung Während Deutschland traditionell ein Land mit einer vergleichsweise geringen Lohnspreizung war, hat sich dies seit Mitte der neunziger Jahre deutlich geändert. Der Anteil der Niedriglohnbeschäftigung (mit Löhnen unterhalb von zwei Dritteln des Medians) ist deutlich gestiegen und liegt seit etwa 2000 sogar über EU-Durchschnitt (European Commission 2004). Dies steht in einem deutlichen Widerspruch zu der relativ weit verbreiteten These, man müsse in Deutschland Niedriglöhne erst noch „einführen“, um zusätzliche Beschäftigung insbesondere für gering Qualifi zierte zu schaffen. Tatsächlich sind gering Qualifi zierte von Niedriglöhnen überproportional betroffen, aber nicht allein: Vielmehr haben rund drei Viertel der Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland eine abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar einen akademischen Abschluss (vgl. ausführlicher Bosch/ Kalina 2007; Kalina/Weinkopf 2006). Da Deutschland – anders als die große Mehrheit der anderen EU-Länder – keinen gesetzlichen Mindestlohn hat und die Tarifbindung in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist, hat sich das Lohnspektrum in den vergangenen Jahren erheblich nach unten ausgedehnt: Nach unseren Berechnungen arbeiteten im Jahre 2004 ca. 4,6 Millionen abhängig Beschäftigte (einschließlich Teilzeit und Minijobs) in Deutschland für Stundenlöhne unter 7,50 € (brutto) – also dem Be trag, den die Gewerkschaften als gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland fordern. Ca. 1,5 Millionen Beschäftigte (5%) in Deutschland arbeiteten 2004 sogar für weniger als 5 € brutto pro Stunde – d.h. für weniger als ein Drittel des durchschnittlichen Stundenlohns in Deutschland. Das ist noch weniger als der staatliche Mindestlohn in den USA, der im internationalen Vergleich besonders niedrig ist (5,15 $ bzw. 32,9% des Durchschnittslohns im Jahre 2004 – vgl. Abbildung 3). Aus Abbildung 3 geht hervor, dass die gesetzlichen Mindestlöhne in den meisten Ländern bei Werten zwischen 35 und 50% des jeweiligen nationalen Durchschnittslohnes liegen. Spitzenreiter ist Frankreich mit einem Mindestlohn, der ca. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Abbildung 3 Mindestlöhne in anderen Ländern in Relation zum Durchschnittslohn (in %, 2004 bis 2002) 62 Quelle: Kalina/Weinkopf 2006 (auf der Basis von Eurostat 2004 und Europäische Kommission 2005) 60 50 40 30 20 10 0 51 50 49,6 49 46,4 46,1 44,1 41 40,7 40,7 39,1 38,8 38,5 37,9 37,7 35,1 34,4 34,1 32,9 32,4 FR GR LUIE MT BE NL SI BG PT HU LV CZ LT UK ES PL RO SK US EE 70 62% des dortigen Durchschnittslohnes entspricht (2007: 8,27 €). Mit einem gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 € würde sich Deutschland etwa auf dem relativen Niveau von Irland, Luxemburg und Malta positionieren (ca. 50% des Durchschnittseinkommens); mit dem deutlich niedrigeren Wert von 4,50 €, den z. B. Bofinger et al. (2006) vorgeschlagen haben, würde hingegen noch nicht einmal das Niveau der Schlusslichter USA und Estland erreicht. In absoluten Werten liegen die aktuellen gesetzlichen Mindestlöhne in den europäischen Nachbarländern (Belgien, Großbritannien, Niederlande, Frankreich, Irland und Luxemburg) zwischen 7,93 und 9,08 € (Hans-Böckler-Stiftung 2007) – also bereits erheblich höher als die gewerkschaftliche Forderung von 7,50 € für Deutschland. Gegner/innen eines gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland verweisen häufi g darauf, dass Mindestlöhne der Beschäftigung schaden, obwohl weder theoretische Überlegungen noch empirische Studien diesen Zusammenhang eindeutig belegen (vgl. ausführlicher Bosch/Weinkopf 2006). Darüber hinaus wird häufi g behaup tet, dass das Arbeitslosengeld II in Deutschland wie ein faktischer Mindestlohn wirke, unter dessen Niveau niemand arbeiten müsse. Dies trifft jedoch keineswegs zu, da der Anspruch auf Arbeitslosengeld II nicht universell ist. Studierende haben ebenso wenig Zugang zu dieser staatlichen Grundsicherung wie diejenigen, die aufgrund von Partnereinkommen oder eigenem Vermögen nicht anspruchsberechtigt sind. Gegen die These, das Niveau des Arbeitslosengeldes II wirke wie ein faktischer Mindestlohn, spricht auch, dass im Juni 2006 bereits etwa ein Fünftel aller Bezieher/ innen der Grundsicherung (über 1 Million Personen) diese ergänzend zu eigenem Erwerbseinkommen bezogen – und zwar zu einem nicht unerheblichen Teil (in fast 410.000 Fällen) ergänzend zu einem Vollzeiteinkommen (Bundesagentur für Arbeit 2006: 2). Inzwischen beklagen selbst manche Arbeitgeber(- verbände) – z. B. in der Gebäudereinigung und in der Zeitarbeit – in Deutschland die ungebremste Abwärts-Spirale durch Lohndumping- Konkurrenz und fordern die Durchsetzung allgemein verbindlicher Standards, z. B. über die Ausweitung des Entsendegesetzes. Auf der politischen Wirtschafts- und Sozialpolitik Ebene wird hingegen nach wie vor kontrovers über die grundsätzliche Notwendigkeit von Mindeststandards bzw. über die Form der Umsetzung diskutiert. Aus unserer Sicht besteht ein gewichtiges Argu ment für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland darin, dass sich Unternehmen ohne verbindliche Untergrenze darauf verlassen können, dass der Staat in vielen Fällen die Ausfallbürgschaft für Niedrigstlöhne übernimmt. Dabei stellt sich die Frage: Wie lange kann und will sich Deutschland das noch leisten?! Fazit und Schlussfolgerungen Unsere Analysen zeigen deutlich, dass Einfacharbeit in Deutschland zwar kein Auslaufmodell ist, aber einem deutlichen Wandel unterliegt. Die Gleichsetzung „Einfacharbeit = (sehr) geringe Anforderungen“ entspricht nicht (mehr) der Reali- WISO Diskurs tät. Wirklich „einfache“ Arbeit ohne jegliche Anforderungen gibt es kaum noch. Insofern greift es zu kurz, Einfacharbeit (bzw. den Niedriglohnsektor) als Lösung der Beschäftigungsprobleme von formal gering Qualifizierten zu propagieren. Dagegen spricht, dass selbst Arbeitsplätze mit niedriger Entlohnung und ungünstigen Arbeitsbedingungen häufig mit formal Qualifi zierten besetzt werden und gering Qualifizierte von der Ausweitung der Niedriglohnbeschäftigung in den vergangenen Jahren kaum profi tiert haben. Darüber hinaus sind in der stark auf die Ausweitung der Beschäftigung focussierten Debatte der letzten Jah re Fragen nach der Qualität von Einfacharbeitsplätzen vernachlässigt worden. Tatsächlich ist am Beispiel der hier näher beleuchteten Perspektiven der Qualifi zierung, Arbeitsgestaltung und Entlohnung auf solchen Arbeitsplätzen jedoch deutlich geworden, dass solche Aspekte größerer (öffentlicher) Aufmerksamkeit und auch politischer Gestaltung bedürfen. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Literatur Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten (2007): Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland. In: Bosch, Gerhard / Weinkopf, Claudia (Hrsg.): Arbeiten für wenig Geld. Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland (erscheint im Herbst 2007 bei Campus). Bosch, Gerhard / Weinkopf, Claudia (unter Mitarbeit von Thorsten Kalina) (2006a): Gesetzliche Mindestlöhne auch in Deutschland? Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, Gesprächskreis Arbeit und Qualifi zierung. Bonn. Bosch, Gerhard / Weinkopf, Claudia (Hrsg.): Arbeiten für wenig Geld. Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland (erscheint im Herbst 2007 bei Campus). Bundesagentur für Arbeit (2006): Beschäftigung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Aktuelle Daten aus der Grundsicherung. Juni 2006. Nürnberg. European Commission (2004): Employment in Europe 2004. Luxemburg. Hans-Böckler-Stiftung (2007): Niedriglöhne: Europas Mindestlöhne steigen. In: Böcklerimpuls 1: 1. 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Modell rechnungen für Stundenlöhne zwischen 5,00 und 7,50 € – und wie machen es die anderen? IAT-Report 2006-06. Gelsenkirchen. Leicht, René / Fehrenbach, Silke / Leiss, Markus / Strotmann, Harald / Dann, Sabine (2004): Umfang, Entwicklung und Potenziale an Einfacharbeitsplätze in der Region Rhein-Neckar. Abschlussbericht Teil 1. Regionalstudie im Auftrag des EQUAL-Projektes: „Beseitigung struktureller Hindernisse bei der Eingliederung besonders Benachteiligter auf dauerhafte Einfacharbeitsplätze“. Mannheim/Tübingen. Lutz, Burkart (2002): Externe Arbeitsmärkte – Erste Überlegungen zu einem Struktur- und Funktionsmodell. In: Mitteilungen aus dem SFB 580, H. 2: 17-25. Reinberg, Alexander / Hummel, Markus (2005): Höhere Bildung schützt auch in der Krise vor Arbeitslosigkeit. IAB-Kurzbericht Nr. 9. Nürnberg. Rhein, Thomas / Gartner, Hermann / Krug, Gerhard (2005): Niedriglohnsektor: Aufstiegschancen für Geringverdiener verschlechtert. IAB-Kurzbericht Nr. 3. Nürnberg. 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Chrysler führte Mitte der 1990er Jahre das Chrysler Operating System ein, das in Deutschland im Wesentlichen als Mercedes-Benz-Pro duktionssy stem (MPS) übernommen wurde. Ende der 1990er Jahre hatten auch die anderen deutschen Hersteller mehr oder minder weit entwickelte Produk tionssysteme ausgearbeitet (Jürgens 2006: 20). Im Zuge der „Toyotisierung“ werden auch in Deutschland so genannte „ganzheitliche Produktionssysteme“ eingeführt, mit deren Hilfe die Teilelemente der Produktion kohärent aufeinander bezogen werden sollen. Die Systeme folgen dabei vor allem drei Prinzipien (vgl. Jürgens): • Selektion: Einheitlich definierte Prinzipien und Konzepte werden ausgewählt und festgelegt, andere Herangehensweisen damit ausgeschlossen. • Einheitlichkeit: Über Personen, Funktionen und Werke hinweg sollen einheitliche Regelungen und Prinzipien verankert werden. • Ganzheitlichkeit: Die Kohärenz und Komplementarität zwischen Systemelementen soll sichergestellt werden, wenn in einem Bereich Veränderungen vorgenommen werden. Jürgens (2006: 23) konstatiert einen Anstieg des Anteils von befristet eingestellten Arbeitenden bei gleichzeitig steigenden Flexibilitätsanforderungen in der Produktion. Daraus resultiere eine Gewichtsverlagerung hin zu von Experten getra genen Top-Down-Innovationen, während „dem Bottom-Up-Shop-Floor-Kaizen immer stärker nur eine symbolische Rolle zuzukommen scheint“ (Jürgens 2006: 23). Das Toyota-Produktionsmodell ist durch eine hohe Standardisierung von Arbeitsverrichtungen mit Arbeitstakten von ca. 1 Minute geprägt. Auf diese Weise können Produktionsschritte präzise geplant, stetig optimiert und vor allem untereinander abgestimmt werden. Für die einzelnen Arbeitenden bedeutet die Einführung moderner Produktionssysteme an vielen Arbeitsplätzen, dass sie in kurzen Taktzeiten immer wiederkehrende Verrichtungen ausführen, die hoch standardisiert sind und kaum Spielräume für eigene Entscheidungen ermöglichen. Dort, wo hohe Produktvariabilität die Automatisierung bestimmter Arbeitsschritte als zu aufwändig erscheinen lässt, vollziehen Menschen kleinste Teilaufgaben. In ihrem Kern besteht solche einfache Arbeit8 wie seit Beginn der Industrialisierung aus repetitiven, monotonen Teilarbeitsschri tten mit einem gesetzten Arbeitstakt und externen Leistungsvorgaben. Geändert hat sich jedoch das organisatorische Umfeld der Arbeit: Während früher die Autorität des Vorarbeiters oder Meisters dafür sorgte, dass Ausdauer, Arbeitsdisziplin und Leistungsbereitschaft während der ermüdenden Routinearbeit nicht nachließen, ist die persönliche Aufsicht heute zum Teil einer abstrakten Leistungskontrolle mit Hilfe von Leistungskennzahlen und elektronischen Kontrollsystemen gewichen. Gleichwohl sind die Vorgabe von Handlungszielen, die 8 Wenn hier von „einfacher Arbeit“ die Rede ist, so folge ich begrifflich einem Ansatz der Prognos AG, die in einer für das IAB erarbeiteten Tätigkeitsstudie zwischen Hilfstätigkeiten, einfachen Fachtätigkeiten, die häufig von angelerntem Personal ausgeübt werden, qualifi zierten Tätigkeiten, Fachtätigkeiten mit Führungsaufgaben und hoch qualifizierten Tätigkeiten unterscheidet. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Auswahl von Arbeitsmethoden und -werkzeugen, Höhe und Genauigkeit der Leistungserbringung und auch die Kontrolle des Arbeitsergebnisses der Entscheidung des Arbeitenden entzogen und werden ihm extern vorgegeben. Die Legitimität dieser Vorgaben rührt heute – so jedenfalls der gängige betriebliche Diskurs – nicht mehr aus den ungleichen Machtverhältnissen innerhalb der betrieblichen Hierarchie, sondern aus Kennzahlen des internationalen Marktes, die (in scheinbar objektivierter, daher kaum verhandelbarer Form) auf den einzelnen Arbeitsplatz herunter gebrochen und umgerechnet werden. Arbeitsorganisation in modernen Produktionssystemen Eigentlich dürfte es – denkt man an einschlägige arbeitssoziologische Studien der 1980er Jahre – solche Arbeit in modernen Großbetrieben gar nicht mehr geben. Über Jahre hinweg war die Argumentation, die von Arbeitswissenschaftlern wie Frieling und Industriesoziologen wie Kern, Schumann und Baethge vertreten wurde, eindeutig: Sie traten für eine lernförderliche und ganzheitliche Gestaltung von Arbeitsplätzen ein und unterstellten, Unternehmen in Deutschland könn ten wählen zwischen dem „Hochqualitäts-, Hochqualifikations-, Hochlohnmodell“ und einem „Niedriglohn-, Niedrigqualifikations- und Preiswettbewerbs- Modell“ (Kern/Schumann 1998) (wobei die eigenen Präferenzen natürlich beim ersteren liegen). Eine typische manuelle Montagestation für Aggregate besteht aus zehn bis zwölf manuellen Montagefolgen, die von dem Montagewerker nacheinander innerhalb eines Taktes vollzogen werden. Die manuellen Montagetätigkeiten erfolgen am Produkt, z. B. einer Getriebewelle, und bestehen im Wesentlichen aus der Entnahme eines Teils aus dem Behälter, der Zuführung und dem Aufsetzen des Teils auf die Welle sowie der Freigabe des Montageträgers. Dieser Vorgang geschieht an unterschiedlichen Wellen mit unterschiedlichen Teilezuführungen. Hauptproblem der Tätigkeit stellt der Wechsel von zu montierenden Einzelteilen bei unterschiedlichen Getriebetypen dar. Zur Unterstützung dieser Tätigkeit steht dem Mitarbeiter ein interaktiver Monitor zur Verfügung, mit dem das jeweilige Produkt „quittiert“, also angenommen wird, die Produktbezeichnungen, die Montagefolgen, die Teilebezeichnung und die Teile selbst visualisiert werden sowie die zu montierende Reststückzahl angezeigt wird. Hinzu kommt der Materialabruf, der über den Rechner gesteuert wird. Begleitende Aufgaben des Montagewerkers umfassen zusätzlich die Teilebereitstellung, die Qualitätssichtkontrolle sowie die Aufgaben von Ordnung und Sauberkeit im unmittelbaren Arbeitsumfeld. Gelegentliche instandhaltende Tätigkeiten finden, wenn überhaupt, nur dann statt, wenn an einer benachbarten Automatikstation eine einfache Störung vorkommt. Eine kameragestützte Qualitätskontrolle dokumentiert sämtliche Einbau- und Montagefehler am Monitor und steuert die fehlerhaften Getriebe auf eine Reparaturlinie. Der durchschnittliche Montagewerker beherrscht drei bis vier Montagestationen. Die Unterweisung und Einarbeitung für eine Montagestation erfordert mindestens einen und höchstens drei Tage. Die Fähigkeit, eine Montagestation zu bedienen, ist wesentlich abhängig vom Übungsgrad des einzelnen Werkers. Die Beschreibung und zeitliche Bewertung der Montagefolgen ist auf Basis vorbestimmter Zeiten (MTM, Methods of Time Measurement) erfolgt. Allerdings bleiben die Vorgaben beim Industrial Engineering und werden nicht visualisiert. (entnommen aus: Lacher 2006: 80f.) WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Unter den Begriff „Hochqualitäts-, Hochqualifikations-, Hochlohnmodell“ fassten die Autoren Unternehmensstrategien, die in punkto Arbeitsorganisation auf Aufgabenintegration und Selbstorganisation setzen, Einzelarbeit in Gruppenarbeit umwandeln und den Arbeitenden selbst Planungs- und Optimierungsaufgaben überlassen, eine Reorganisation der Unternehmen unter den Vorzeichen der Dezentralisierung und der Enthierarchisierung anstreben sowie Zielvereinbarungen als Steuerungsinstrument nutzen (Kern/Schumann 1998: 10f.). In Abgrenzung davon ist das Alternativmodell durch eine Re-Etablierung konventioneller Produktionskonzepte gekennzeichnet: Renaissance des fordistischen Fließbandes und der taktgebundenen Fertigung, bei der zum Teil auch Autonomiespielräume in bereits etablierten Arbeitsgruppen zurückgenommen werden und durch Soll-Bindung an Benchmarking-Vorgaben ersetzt werden, die Verschiebung von Zumutbarkeitsgrenzen in Bezug auf Erholzeiten, Arbeits- und Schichtzeiten sowie Entlohnung nach unten und eine Tendenz zur De-Technisierung, bei der die Komplexität der Produktionstechnologie deutlich zurückgefahren wird und die Betriebe wieder stärker auf die „Wegwerftechnik“ bei Typenwechsel setzen (Kern/ Schumann 1998: 10f.). Für Schumann (2005) etwa ist innovative Arbeitspolitik mit anti-tayloristischer Arbeitspolitik gleich zu setzen: „Statt Funktionseinengung und Standardisierung steht bei innovativer Arbeitspolitik Aufgabenerweiterung auf dem Programm; gegen Entmachtung und Unselbständigkeit geht es um (mehr) Eigenverantwortung und Selbstorganisation; gegen die reine Objektstellung und Austauschbarkeit gewinnen die Subjektqualitäten erhöhte Bedeutung.“ (Schumann 2005: 41) Die genannten Autoren gingen noch in den 90er Jahren davon aus, deutsche Unternehmen könnten sich für oder gegen eine der beiden Strategien relativ frei entscheiden. Inzwischen hat sich allerdings offenbar eine internationale Dynamik entwickelt, der sich die untereinander vielfach (kooperativ oder konkurrent) vernetzten Unternehmen mit ihren Zulieferern und Zwischenabnehmern kaum noch entziehen können. Aufgabenprofile in modernen Produktionssystemen weisen trotz ihrer Anreicherung mit Komplemen täraufgaben im Kern häufig den monotonen, repetitiven, auf Teilarbeitsschritte bezogenen Charakter auf, der zu Beginn der 90er Jahre schon überwunden schien. Die Hinweise auf eine integrative und kompetenzbasierte Ausgestaltung von Arbeitsplätzen im Facharbeitersegment beschreiben die Aufgabenbeschreibung eines Teils der Belegschaft; die Annahme jedoch, hieraus sei ein allgemeiner Paradigmenwechsels abzuleiten, hat sich als unzutreffend erwiesen. Auch Baethge konzediert: „Worin wir uns dennoch in meinen Augen geirrt haben, ist eine geheime Linearitätsannahme, die wir […] unseren Deutungen der Befunde in Begriffen wie ,Paradigmenwechsel’ (Kern/ Schumann) oder ,Richtungswechsel’ (Baethge/ Oberbeck) implizit unterlegt haben. Das heißt: Im Geheimen haben wir schon gedacht, dass sich das, was wir – im Einvernehmen übrigens mit einer ganzen Managergeneration – für progressiv sowie für technologisch intelligent und ökonomisch sinnvoll analysiert hatten, auch als neue Linie durchsetzen würde.“ (Baethge 2004: 11) Statt des prognostizierten umfangreichen Reorganisationsprogramms kristallisiert sich eine durchaus heterogene Entwicklung der Qualifi kationsanforderungen heraus: Eine Erweiterung der Tätigkeitsbereiche lässt sich in modernen Produktionssystemen vor allem im Bereich der Komplementäraufgaben (z. B. im dispositiven, arbeitsorganisatorischen und koordinativen Bereich) feststellen. Diese neuen zusätzlichen Arbeitsaufgaben werden mehr und mehr Bestandteil sämtlicher Arbeitssysteme in allen Fertigungsbereichen. Das Spektrum der Qualifi kationsanforderungen im Kern der produktiven Arbeitstätigkeit dagegen vergrößert sich nicht für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Fragen an die Berufspädagogik Berufspädagoginnen und Berufspädagogen sind angesichts dieser Situation mit einer Reihe von Fragen sowohl inhaltlicher als auch struktureller Art konfrontiert. An erster Stelle dieser Fragen steht eine ganz grundsätzliche: WISO Diskurs Soll sich moderne Berufsbildung mit den Anforderungen der beschriebenen Arbeitsplätze überhaupt auseinander setzen? Ist es pädagogisch sinnvoll und bildungspolitisch vertretbar, die Ausbildung an Arbeitsverhältnissen und Qualifi kationsanforderungen zu orientieren, die offensichtlich nicht dem Postulat breit angelegter Beruflichkeit entsprechen und Kompetenzentwicklung unter Umständen eher behindern als befördern? Müsste Berufsbildung sich hier nicht grundsätzlich verwehren, auf lernförderliche Gestaltung der Arbeitsplätze pochen und ansonsten für Arbeitsmarktsegmente ausbilden, die anspruchsvolleren Standards des Kompetenzeinsatzes entsprechen? Für eine solche Argumentation spricht sicherlich, dass auch Arbeitsplätze mit hochrepetitiven und standardisierten Teilaufgaben derzeit mit ausgebildeten Facharbeiterinnen und Facharbeitern besetzt werden. Solange große Firmen die Kosten einer Ausbildung im Dualen System nicht scheuen, auch wenn die hervorgebrachten Kompetenzen in der anschließenden Arbeitstätigkeit nicht abgefragt werden, sollte öffentliche Berufsbildungspolitik an dieser Stelle vielleicht nicht intervenieren und den betroffenen Jugendlichen wenigstens die Chance einer umfangreichen Ausbildung bewahren. Ohne das Plädoyer für lernförderliche, ganzheitlich angelegte Arbeitsplätze aus den Augen verlieren zu wollen und ohne die Forderung nach breiter beruflicher Ausbildung für möglichst alle Jugendlichen in Frage zu stellen, erweist sich der alleinige Rückzug auf dieses Argument aus zwei Gründen als problematisch: Zum einen ist erkennbar, dass standardisierte und repetitive Arbeiten heute deshalb von Facharbeitern ausgeführt werden, weil diese in der aktu ellen angespannten Arbeitsmarktsituation bereitstehen und sich zur Übernahme dieser Aufgaben genötigt sehen. Angesichts der demografi schen Entwicklung und eines vielfach prognostizierten Facharbeitermangels wird dies künftig unter Umständen nicht mehr der Fall sein. Wie wollen wir Menschen für die beschriebenen Arbeitsplätze dann ausbilden? Friedrich-Ebert-Stiftung Zweitens existiert schon heute eine große Zahl von Menschen, die durch die Quasi-Setzung eines dualen Ausbildungsabschlusses als Mindeststandard berufl icher Qualifikation schon heute vom Arbeitsmarkt weitgehend ausgeschlossen sind. Laut Angaben des Bildungsgesamtberichtes befinden sich heute rund 488.000 Personen in Maßnahmen des Übergangssystems (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006). Hier verkehrt sich die Forderung nach möglichst breiter beruflicher Qualifikation ins Gegenteil und wird zum Mechanismus sozialer Schließung. Welche Kompetenzen sollen Personen erwerben, die aus konjunkturellen, biografischen oder psychosozialen Gründen keine Ausbildung im Dualen System erhalten? Aktuell werden viele Absolventinnen und Absolventen des dualen Systems berufl icher Bildung in Arbeitsbereichen unterhalb ihres Qualifikationsniveaus eingesetzt, an denen sie arbeitsteilig z. T. kleinste Verrichtungen in kurzen Arbeitstakten und hoher Standardisierung ausführen. Eine umfassende berufl iche Qualifi zierung wäre zur Erledigung dieser Arbeiten auf den ersten Blick gar nicht notwendig – werden doch in vielen Ländern und wurden bis in die 1980er Jahre hinein auch bei uns vergleichbare Arbeitsplätze mit An- oder Ungelernten besetzt. In Deutschland jedoch hat sich in den 1970er und 1980er Jahren ein beinahe „laut loser“ (Kleinert et al. 2000: 186) Anpassungspro zess vollzogen, in dessen Verlauf rund 5 Mio. Arbeits plätze für unqualifi zierte Fachkräfte abgebaut wurden, jedoch etwa ebenso viele für qualifizierte Arbeitende neu entstanden (ebda.). Diese Qualifikationsverschiebung entsprach zum einen betrieblichen Bedarfen nach kompetenten und zuverlässigen Fachkräften, zum anderen bildungspolitischen Bestrebungen nach Ausbildung für möglichst alle Jugendlichen und drittens einem gesellschaftlichen Bildungsbedarf auf Seiten der Jugendlichen und ihrer Eltern. Dass das duale System in der Lage war, auf diese Bedarfe im genannten Umfang zu antworten und seine Ausbildungskapazitäten entsprechend auszuweiten, muss als enorme Anpassungsleistung dieser Ausbildungsform gewürdigt werden. WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Es entstand in Deutschland auf dem berufsfachlich strukturierten Arbeitsmarkt ein hohes Angebot fachkompetenter und umfassend ausgebildeter Arbeitskräfte, die in der Folge auch für Arbeitsplätze rekrutiert wurden, für die eine solche berufsfachliche Qualifizierung nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre. Untersuchungen des BIBB (Schöngen/Westhoff 1992) verweisen darauf, dass drei Jahre nach der Ausbildung 21% der im dualen System ausgebildeten Fachkräfte nie in ihrem Beruf gearbeitet haben und weitere 27% dieses zwar schon einmal getan haben, inzwischen aber dort nicht mehr tätig sind. Es kann vermutet werden, dass ein relativ großer Teil der berufsfremd eingesetzten Arbeitskräfte auf Arbeitsplätzen beschäftigt sind, die einen hohen Anteil an arbeitsteilig organisierten, standardisierten Tätigkeiten aufweisen. Wenn die Prognose stimmt, dass in wenigen Jahren ein deutlicher Facharbeitermangel in Deutschland zu erwarten ist, wenn wir gleichzeitig fast eine halbe Million junger Menschen unterhalb der Facharbeiterausbildung auf Arbeit vorbereiten, ohne ihnen systematische Wege in vollwertige Ausbildung zu eröffnen und wenn wir gleichzeitig unterstellen können, dass die Beschäftigung von Facharbeitern mit hoch standardisierten, kurztaktiken Aufgaben zu Frustration und Dequalifizierung führt, dann sind m. E. Friktionen im Berufsbildungssystem erkennbar, denen sich Berufspädagogik stellen muss. Wir müssen uns dann den Vorwurf gefallen lassen, dass berufliche Bildung an großen Arbeitsmarktsegmenten vorbei ausbildet. Das bedeutet dann freilich auch – und dieses Argument wiegt schwer – dass mit der humanitär und politisch motivierten Ablehnung moderner Arbeitsorganisationskonzepte auch die dort Beschäftigten aus dem Blick geraten. Selbst wenn Ausbildung im Dualen System sich nicht an Anforderungen einfacher Arbeit orientieren kann und sollte, so erscheint es uns sinnvoll, auch für Beschäftigte in diesem Segment formalisierte und anschlussfähige Qualifi zierungsund Weiterbildungsoptionen bereitzustellen. Anforderungen an Arbeit in modernen Produktionssystemen Allerdings ist „einfache Arbeit“ in vieler Hinsicht gar nicht so einfach: Zwar sind die Anforderungen an einem einzelnen Arbeitsplatz hoch standardisiert, kurztaktig und repetitiv. Sie erfordern vor allem die Fähigkeit, die jeweilige Tätigkeit fl üssig und gleichmäßig mit hoher Präzision und Fingerfertigkeit immer wieder ohne größere Aufmerksamkeitsschwankungen zu wiederholen. Hier sind vor allem Durchhaltevermögen und die Bereitschaft, über längere Zeiträume hinweg Routinetätigkeiten auszuführen, gefragt. Facharbeiterinnen und Facharbeiter mit einer Ausbildung, die beruflich organisierte und an ganzheitlichen Arbeitsvollzügen orientierte Kompetenzentwicklung zum Ziel hatte, können sich an diesen Arbeitsplätzen frustriert und unterfordert fühlen und eine schleichende Dequalifi zierung befürchten. Im Umfeld der jeweiligen Arbeitsaufgabe jedoch sind in den vergangenen Jahren zahlreiche neue, teilweise durchaus komplexe Aufgaben entstanden, die gänzlich neue Anforderungen an den Einzelnen beinhalten: Dazu gehören etwa Aufgaben im Bereich der Fehlersuche und -vermeidung, Absprachen in der Arbeitsgruppe über Ab- und Anwesenheiten, Qualitätsverbesserung, Arbeitsplanung und -koordination. Hinzu kommt die Rotation über unterschiedliche Arbeitsplätze hinweg, von denen an einigen durchaus anspruchsvolle und komplexe Tätigkeiten anfallen. Weiterhin stehen u. U. auch Umrüst- und Wartungsarbeiten oder kleinere Störungsbehebungen an, die Arbeitenden wiederum ein anderes Spektrum an Kompetenzen abverlangen. Angelernte Kräfte, die einen Großteil ihrer Zeit mit repetitiven Routinetätigkeiten verbringen, werden in solchen Situationen tendenziell überfordert sein. Im Bereich der Komplementäraufgaben (z. B. Arbeitsplanung, Qualitätssicherung, Koordination mit benachbarten Prozessbereichen etc.) sind Aufgaben zu erfüllen, die hohes Prozesswissen, Kommunikationsfähigkeit, technisches Verständnis u.ä. erfordern – Kompetenzen, die bei der quan titativ überwiegenden Routinearbeit nicht abgefragt werden und sich dort u. U. sogar als stö WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung rend erweisen. Sowohl Facharbeiterinnen und Facharbeiter als auch angelernte Kräfte werden auf die Aufgaben in der berufl ichen Erstausbildung in diesen Bereichen nur unzureichend vorbereitet. Die Schwierigkeit besteht für viele Arbeitende in modernen Produktionssystemen offenbar darin, dass bei der Kerntätigkeit selbst, die einen Großteil der Arbeitszeit ausmacht, ganz überwiegend manuelle, monotone und subjektiv sinnfreie Arbeiten anfallen, in anderen Situationen jedoch Kompetenzen erwartet werden, die über die Erledigung von Routinearbeit weit hinausgehen. Die Anforderungen an einfache Arbeit in modernen Produktions- und Dienstleistungszusammenhängen sind also komplexer geworden, ohne dass die Arbeitstätigkeiten in ihrem Kern selbst anspruchsvoller wären. Wir haben es, insbesondere bei den Großserienherstellern, mit einer heterogenen Kompetenzstruktur in den Betrieben zu tun (Lacher 2006), die einerseits als Riss durch die Arbeitsanforderung an Einzelne – hier die monotone Teilarbeit, dort die komplexe Komplementäraufgabe – spürbar werden und sich andererseits durch antagonistische Qualifi kationsanforderungen zwi schen Fertigungsbereichen, etwa zwischen der Mechanischen Fertigung mit noch im Großen und Ganzen anspruchsvollen Arbeitsvollzügen und den Montagen, auszeichnen. Die Arbeitsthese lautet daher: Die durch Tech nisierung und neue Formen der Arbeitsorganisation entstandene Heterogenisierung der Arbeitsverhältnisse in ganzheitlich angelegte, mit hohen Problemlöseanforderungen ausgestattete Arbeitsplätze einerseits und Arbeitsplätze mit begrenzten Qualifi kationsanforderungen andererseits, hat je nach Wirtschaftsbereich und Tätigkeitsfeld unterschiedliche Ausprägungen, ist aber durchgängig feststellbar. Es entstehen offenbar im Inneren der betrieblichen Arbeitsorganisation Bereiche, in denen Arbeitende von den (nicht mehr ganz so) neuen Formen des Wissensmanagements sowie ganzheitlicher und eigenverantwortlicher Arbeitsorganisation profi tieren, während in anderen Bereichen repetitive und standardisierte Arbeit vorherrscht. Diese Produktionsstrukturen machen neue Formen des Wissensma nagements und des Kompetenzerwerbs erforderlich, die teilweise in den Betrieben schon verfolgt werden, die es aber zu systematisieren und strukturell zu unterstützen gilt. Es kann damit als Zwischenresumee festgehalten werden, dass sich das betriebliche Arbeitsmarktsegment, das einen hohen Anteil standardisierter, repetitiver Aufgaben enthält und vor wenigen Jahrzehnten als typischer Arbeitsplatz für An- und Ungelernte galt, sich in vielfältiger Weise verändert hat (Clement 2006): • Die dort beschäftigten Kräfte verfügen häufi g über eine Facharbeiterausbildung (mitunter allerdings in einem ganz anderen Beruf). • Die geforderten Tätigkeiten sind nicht weniger eintönig und belastend als in vergangenen Jahrzehnten, die Leistungskontrolle legitimiert sich allerdings anders als zuvor weniger über die persönliche Autorität der Vorgesetzten als vielmehr über scheinbar objektivierte Kennzahlen und Marktzwänge. • Anders als früher und sicherlich zum Teil auch als Konsequenz der höheren Qualifi kation dieser Beschäftigten sind um die Kerntätigkeiten in der Produktion herum Aufgaben entstanden, die gänzlich anders strukturiert sind als die genannten monotonen Teiltätigkeiten. Im Umfeld der Kerntätigkeit fallen Aufgaben in der Arbeitsorganisation, Arbeitsplanung, Qualitätsverbesserung und Koordination an, die umfassende, häufig auch nicht-fachliche Kompetenzen im Team und in der Kommunikation mit anderen Bereichen erforderlich machen. An dieser Stelle sind nicht nur Flexibilität und Offenheit gefragt, sondern auch Prozessübersicht, Teamfähigkeit, Verständnis für techni sche sowie für ablauforganisatorische Fragen und Problemlösefähigkeit. Es ist kaum zu übersehen, dass die in einer dualen Ausbildung erworbenen Kompetenzen an den genannten Arbeitsplätzen sukzessive verfallen und andere, hier tatsächlich benötigte Qualifi kationen nicht erworben werden. Zweifellos sollten Betriebs- und Berufspädagoginnen und -pädagogen immer wieder darauf hinweisen, dass monotone Arbeit mit Dequalifizierung einhergeht – doch: Kann die Einführung von Produktionssystemen auf diese Weise verhindert werden? WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Lassen wir uns – und sei es nur versuchsweise – darauf ein, die Kompetenzentwicklung derjenigen in den Blick zu nehmen, die an den beschriebenen Arbeitsplätzen tätig sind, so kommen weitere, didaktische und curriculare Fragen in den Blick (Clement/Lacher 2006): • Welche berufliche Haltung kann Jugendlichen sinnvoll nahe gelegt werden, die im beschriebenen Sinne einfache Tätigkeiten auszuführen haben? • Wie kann Arbeitsprozesswissen und technisches Zusammenhangwissen unter der Bedingung von Arbeitsteilung und Standardisierung vermittelt und aufrechterhalten werden? • Wie können die Beschäftigten einerseits monotone Teiltätigkeiten verrichten und andererseits ihr Interesse an technischen, arbeitsorganisatorischen und fachlichen Zusammenhängen bewahren? • Welche Struktur benötigt eine Ausbildung, die zugleich auf standardisierte Teiltätigkeiten und auf komplexe Problemlösungsaufgaben und Ko operation hin qualifi zieren soll? • Wie lassen sich Bereitschaft und Fähigkeit zum lebenslangen Lernen innerhalb einer Arbeitsorganisation fördern, die Dequalifi zierung und Monotonisierung von ihrer Struktur her mindestens in Teilbereichen nahe legt? • Wie können Durchlässigkeit der Karrierewege und Flexibilität des Kompetenzerwerbs unter diesen Bedingungen durch berufliche Aus- und Weiterbildung unterstützt werden? Nahe liegend erscheint angesichts der umrissenen Problemstellung der Versuch, Arbeit und lebenslanges Lernen so miteinander zu verzahnen, dass einerseits die Bearbeitung einfacher Aufgaben zu einem relativ frühen Zeitpunkt einer Arbeitskarrie re möglich wird, andererseits aber berufl iche Aus- und Weiterbildung den Kompetenzerwerb und -erhalt der Arbeitenden auch unter den beschriebenen, eher widrigen Arbeitsbedingungen unterstützt. Bislang werden Jugendliche auf hohem Niveau durch eine anspruchsvolle und auf berufl iche Handlungskompetenz abzielende Ausbildung qualifiziert und dann in eine Arbeitstätigkeit entlassen, die sie mit hoher Wahrscheinlichkeit frustrieren und demotivieren wird, weil die geweckten Ansprüche sich in ihr kaum erfül len lassen. Stattdessen könnte m. E. eine niedri ge re Einstiegsqualifikation Arbeitsfähigkeit rasch herstellen und kontinuierliche Kompetenzent wicklung, die Arbeitenden parallel zu ihrer Erwerbstätigkeit angeboten und abverlangt wird, Mo tivation und Kompetenz erhalten und ausbauen. Mögliche Antworten Europas Strukturkonzepte mit ähnlicher Zielrichtung, nämlich Durchlässigkeit und Kontinuität der Kompetenzentwicklung während des gesamten Erwerbslebens, stellt die Europäische Kommission mit ihrem Qualifikationsrahmen aktuell vor. Hier werden strukturelle Fundamente für Aus- und Weiterbildung gelegt, die • weniger auf formale Bildungsabschlüsse als auf ganzheitlichen Kompetenzerwerb setzen, • eine hohe Durchlässigkeit zwischen unterschied lichen Kompetenzstufen nahe legen, • die Möglichkeit bieten, Kompetenzen auf einfachem Niveau mit komplexer angelegten Kompetenzbausteinen zu verknüpfen, und • erworbene Kompetenzen über eine lange Periode hin für Weiterbildung verwertbar zu machen. Diese grundsätzliche Orientierung an Kompetenzen, lebenslangem Lernen und fl exiblem Umgang mit Kompetenzerwerb auf unterschiedlichen Niveaustufen scheint mir für das beschriebene Arbeitsmarktsegment in besonderer Weise hilfreich zu sein. Ein wesentliches Motiv der Berufsbildungspolitik auf europäischer Ebene besteht daher darin, durchlässige Berufsbildungsstrukturen und -angebote zu konzipieren, die lebenslange Qualifizierung von der niedrigsten bis zur höchsten Stufe des Systems unterstützen sollen. Die Einstiegsschwelle für Qualifizierung soll nicht zu hoch gesetzt werden, um auch Menschen mit geringem Qualifikationsumfang zu integrieren. Dadurch könnte erreicht werden, dass auch diese Personen von der relativen Sicherheit, die formalisierte Qualifikationen für die Identitätsbildung, die Anerkennung von Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt und für Aufstiegsoptionen bieten, profi tieren. WISO Diskurs Zum anderen soll durch wechselseitige Anerkennung erworbener Kompetenzen über horizontale und vertikale Grenzen des Systems hinweg ermöglicht werden, dass Personen mit niedriger Einstiegsqualifikation ihre Kompetenzen über ein Erwerbsleben hinweg kontinuierlich erweitern können. Sukzessive erworbene zusätzliche Kompetenzen können dann im vorhandenen Job zu Aufgabenerweiterung oder -anreicherung beitragen, neue Aufstiegs- und Karriereoptionen eröffnen oder aber genutzt werden, wenn die berufl iche Biografie reorganisiert und neue Tätigkeitsfelder erschlossen werden müssen. Aus einem solchen Baukastenprinzip beruflicher Qualifizierung erwächst – wie in der deutschen Berufsbildungsdebatte eine Zeitlang stark diskutiert – ein gewisser Widerspruch zur in Deutschland traditionell vorherrschenden beruflichen Organisation von Facharbeit (vgl. Clement 2002a ; Clement 2002b; Fürstenberg 2000; Geißler 1994; Georg /Sattel 1995 ; Harney 1998; Lipsmeier 1998). Folie des Konzepts ist nicht mehr notwendigerweise der in dreieinhalb Jahren umfassend ausgebildete und während seines Berufslebens allenfalls in einem Meister- oder Technikerlehrgang weitergebildete Facharbeiter. Ein solcher Qualifizierungsweg ist zwar als nationales Modell möglich, da die Orientierung am Europäischen Qualifikationsrahmen den einzelnen Mitgliedsstaaten nicht aufgezwungen wird. Doch neben einer solchen „Normalbiografie“ und darüber hinaus werden nun Qualifi zierungswege eröffnet, bei denen Personen lebenslang Qualifi kationen erwerben und auf diese Weise Optionen und Zwänge des Arbeitsmarktes aktiv zu beantworten suchen. Ein solches Qualifizierungsmodell folgt implizit der Annahme, große Teile der arbeitenden Bevölkerung müssten sich heute außerhalb des berufsfachlich organisierten Arbeitsmarktes ein eigenes Kompetenzprofil sukzessive und bewusst selbst aufbauen. Insbesondere in instabilen Arbeitsbeziehungen ohne verbindliche und regelmäßige zeitliche, räumliche und prozessbezogene Vorgaben entwickelt sich der Umgang mit der eigenen Arbeitskraft tendenziell zu einer Form des Managements. Arbeitende werden – wie Günter Voß pointiert formuliert – zu „Arbeitskraftunter- Friedrich-Ebert-Stiftung nehmern“ (Voß 1998: 477). Stärker als früher sind sie dazu gezwungen, ihre Arbeitsfähigkeiten gezielt auf ein marktgängiges Profil hin auszubauen, sie als Produkt des Selbstmarketings zu betrachten und das Ergebnis ihrer Bemühungen ökonomisch zu verwerten. Studien des IAB verweisen darauf, dass in diesem Prozess der „biographischen Emergenz und Rationalität der Lebensführung“ (Corsten/Hillmert 2001: 42) formale Bildungs- und Ausbildungszertifikate vor allem zu Beginn der Erwerbskarriere den Einstieg ermöglichen, dass danach aber vor allem die „Sequenz von Situationen“ (Corsten/Hillmert 2001: 39), das heißt eine Abfolge individueller Beschäftigungs- und Arbeitssituationen, für den Erwerbsverlauf entscheidend ist. Durch die Kopenhagen Deklaration zur beruflichen Bildung verpflichtete sich die europäische Berufsbildungspolitik auf das Konzept des lebenslangen Lernens: „Strategies for lifelong learning and mobility are essential to promote employability, active citizenship, social inclusion and personal development.“ (Europäische Kommission 2002 S. 24) Implizit ist damit die europäische Politik gefordert, Strukturen und Rahmenbedingungen zu entwickeln, die eine Formalisierung, Anerkennung und marktliche Verwertung der erworbenen Qualifi kationen ermöglicht. Auch auf nationaler Ebene soll Berufsbildungspolitik zur Erreichung der Ziele von Lissabon beitragen. Dazu sollen gemeinsame Instrumente, Bezugspunkte und Grundsätze, z. B. im Hinblick auf Transparenz, lebenslanges Lernen, Qualitätssicherung und die Validierung nicht formalen und informalen Lernens entwickelt und eingesetzt werden (Europäische Kommission 2004). Ein einheitliches, kompetenzorientiertes System von Zertifikaten könnte die Transparenz innerhalb komplexer Berufsbildungsangebote erhöhen, die vertikale und horizontale Durchlässigkeit unterstützen, Mobilität zwischen Betrieben und Regionen fördern und auch informell erworbene Qualifikationen mit einbeziehen. Im Unterschied zu herkömmlichen Zertifikaten, bei denen die Teilnahme an Bildungsangeboten bescheinigt wird, sollen Zertifikate im Sinne kompetenzbasierter Ausbildung dann ausgestellt werden, wenn Wirtschafts- und Sozialpolitik eine Person über eine bestimmte (Teil-)Kompetenz verfügt. Kompetenzen können dann auf ganz unterschiedlichen Wegen informal oder formal, in Präsenzform oder virtuell, im In- oder im Ausland erworben werden. Den herkömmlichen Input-Standards, mit deren Hilfe ausbildende Institutionen, Ausbildungsdauer und Inhalte als Bedingung für die Erteilung eines Zertifi kats festgelegt werden, sind auf diese Weise Output-Standards, die sich auf die Dokumentation der Ergebnisse des Kompetenzerwerbs beschränken, gegenübergestellt. Strukturell gesehen kommt es so zu einer sukzessiven Abkoppelung der Zertifi zierung vom Bildungs- und Ausbildungssystem und einer Diversifizierung der Zugangswege zu den Zertifi katen. Zertifizierungsformen, die sich an der Bescheinigung von Kompetenzen (und nicht von Bildungsverläufen) orientieren, gewinnen aus zwei Gründen an Bedeutung: Zum einen soll der Diversifizierung von Ausbildungsverläufen Rechnung getragen werden. Unterschiedliche Ausbildungsformen können in der Logik dieser Zertifi zierungsansätze gewählt und bei Bedarf kombiniert, zeitlich verteilt oder nur abschnittsweise absolviert werden, wenn nur die damit erworbene Kompetenz den Anforderungen entspricht. Zum anderen richtet sich das Interesse auf so genannte weiche oder komplexe Kompetenzen, die wie z. B. Problemlösefähigkeit, kommunikative Kompetenzen oder Teamfähigkeit zwar eminente Bedeutung für die Handlungsfähigkeit in modernen Arbeitsverhältnissen haben, die über die Teilnahme an formalisierten Ausbildungsgängen aber nur bedingt erwerbbar sind (Deutsches Institut für Erwachsenenbildung et al. 2004). Das vorläufige Ergebnis der Europäischen Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines Europäischen Qualifikationsrahmens wurde am 27.05.2005 in einem Consultation Document festgehalten. Das Rahmenwerk soll eine Art Metasystem darstellen, dem nationale Qualifi kationsrahmen zugeordnet werden können (Europäische Kommission 2005). Zertifikate über berufliche Kompetenzen, die in den einzelnen Mitgliedsländern ausgestellt werden, können hier bestimmten Bezugsebenen zugeordnet werden. Die Arbeitsgruppe schlägt eine Gliederung des Qualifikationsrahmens in 8 Hierarchiestufen vor, welche jeweils in Termini von WISO Diskurs Lern ergebnissen in den Bereichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen (knowledge, skills und wider competences) beschrieben werden sollen (Europäische Kommission 2005). Diese 8 Stufen werden nun nicht mit Hilfe von Bildungsabschlüssen gebildet, so dass z. B. ein Abitur der Ebene x oder eine Gesellenprüfung der Ebene y zugeordnet würde. Unabhängig vom formalen Bildungsgang werden vielmehr die berufl ichen Handlungen, die mit Hilfe einer bestimmten Kompetenz bewältigt werden können, hinsichtlich ihrer Komplexität, Innovativität, Verantwortungslast etc. bewertet. Das führt dazu, dass auch Arbeit unterhalb der Facharbeiterebene poten ziell eine Entsprechung in Form eines arbeitsmarktrelevanten Zertifi kats finden kann. Solche Zertifi kate könnten für Kompetenzen in bestimmten Bereichen ausgestellt und auf dem Arbeitsmarkt verwertet werden; sie könnten aber auch in umfangreichere Ausbildungsgänge eingebracht und dort angerechnet werden. Dies gelingt dann, wenn die Ausbildungen selbst modularisiert werden, so dass Arbeitnehmer im Laufe ihres Lebens einzelne Bausteine akkumulieren und zu einer Gesamtqualifikation ergänzen können. Für Arbeitnehmer, die unterhalb der Facharbeiterqualifikation eingesetzt sind, könnte eine Ausweitung der Zertifi zierbarkeit berufl icher Kompetenzen nach unten Wege in den Arbeitsmarkt und in höhere Stufen der Kompetenzentwicklung eröffnen. Standardisierte Tätigkeiten im oben beschriebenen Sinne sind in der Systematik des Europäischen Qualifikationsrahmens (Europäische Kommission 2005) auf den Ebenen 1-2 zu verorten. Auf der Grundlage dieses Schemas soll es möglich werden, Kompetenzstandards zu formulieren, die Individuen erwerben und verwerten können. In welche übergeordneten Berufsbilder, Ausbildungsrahmen und Curricula sie jeweils eingebunden sind, wird in Nationalen Qualifi kationsrahmenwerken oder aber durch nationales Recht wie das deutsche Berufsbildungsgesetz geregelt. Die Definition von Kompetenzstandards als kleinster Einheit einer gemeinsamen Währung beruflicher Bildung und ihre Zuordnung zu einheitlichen Qualifikationsebenen eröffnen jedoch den Weg zu einer Organisation des lebens WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung langen Lernens, die auch einfache Qualifi kationen abbildbar, d.h. zertifizierbar und anrechenbar macht. So können Qualifikationen auf der Stufe 1 schrittweise um andere, z. B. auf der Qualifikationsstufe 2 oder 3 ergänzt und modular zu einer höherwertigen Qualifikation ausgebaut werden. Qualifikationsanforderungen an einem Arbeitsplatz können dann einzeln identifi ziert, in einem mittleren Abstraktionsgrad formuliert und als Standard eingesetzt werden. Auf diese Weise lassen sie sich einzeln oder in Gruppen erwerben, untereinander kombinieren und schrittweise zu höherwertigen Qualifi kationen verkoppeln. Wenn sich nun heterogene Qualifi kationsanforderungen (beispielhaft für den Bereich der Industriemontage an den oben beschriebenen Arbeitsplätzen) mit Hilfe des Europäischen Qualifikationsrahmens gegeneinander abgrenzen und darstellen lassen, dann können daraus unter Umständen auch Qualifizierungsschemata für lebenslanges Lernen abgeleitet werden. So könnte etwa die Beherrschung standardisierter Teilarbeitsschritte an einer Montagelinie in der Großfertigung von Kraftfahrzeugen auf der Qualifikationsebene 1 als Kompetenzstandard „manuelle Montagearbeiten an teil-automatisierten Produktionslinien durchführen“ beschrieben werden. Manuelle Routinearbeit an einer Produktionslinie erfordert in der Regel einige Grundkenntnisse über das entstehende Produkt, die Anlage und die (teil-)automatisierten Kontrollelemente. Tipps und Anweisungen von KollegInnen und Vorgesetzten anzunehmen, erleichtert die Arbeitsabläufe, und ein bewusster Umgang mit Qualitätsvorgaben und auftauchenden Problemen unterstützt ein gutes Arbeitsergebnis. Auf dieser nied- Literatur rigsten Qualifikationsstufe werden komplexere Anforderungen zunächst nicht gestellt. Kommen aber weitere Aufgaben, z. B. im Bereich der Arbeitsorganisation und -planung hinzu, dann könnten diese auf der Kompetenzebene 2 liegen. Fazit Monotone, repetitive und kurz getaktete Arbeit, wie sie heute an vielen Arbeitsplätzen der Großserienfertigung in der Metallindustrie wieder üblich ist, kann aus berufspädagogischer Sicht nur als lernhinderlich, dequalifizierend und einschränkend bewertet werden. Nehmen wir jedoch als gegeben, dass solche Arbeitsplätze in der Großserienfertigung auch in Deutschland in erheblichem Umfang existieren, sich der Qualifi kationsbedarf also offenbar heterogenisiert, so sollte Berufsbildungspolitik darauf reagieren. Das kann freilich nicht bedeuten, dass wir auf die enge Qualifizierung für einfachste Verrichtungen in Form eines Anlernverhältnisses zurückfallen. Prinzipien wie die biografische Orientierung an Beruflichkeit, Durchlässigkeit und das Recht auf lebensbegleitendes Lernen müssen die Personalentwicklung in Betrieben und auch die öffentliche Berufsbildungspolitik leiten und orientieren. Eine Option, durchlässige, auf Kompetenzen aufbauende und an Beruflichkeit orientierte Bildungsstrukturen zu entwickeln, ergibt sich meiner Einschätzung nach aus den Möglichkeiten, die der Europäische Qualifi kationsrahmen eröffnet. Baethge, M. (2004): Ordnung der Arbeit – Ordnung des Wissens: Wandel und Widersprüche im betrieblichen Umgang mit Humanressourcen, in: SOFI-Mitteilungen, Nr.32, 7-22. Clement, Ute (2002a): Kompetenzentwicklung im internationalen Kontext, in: Clement, Ute /Arnold, Rolf (Hg.): Kompetenzentwicklung in der beruflichen Bildung, Opladen, S.: 27-53. 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Im Gegenteil, gerade in beschäftigungsintensiven Segmenten des Dienstleistungssektors existieren in den westlichen Arbeitsgesellschaften nach wie vor relevante Tätigkeitsfelder mit einfacher Arbeit, d. h. mit Arbeitstätigkeiten, zu deren Ausübung keine besonderen berufl ichen Qualifi kationen benötigt werden. Die Felder mit sogenannter einfacher Arbeit sind schwer zu überschauen. Sie reichen von Tätigkeiten in der Alten- und Krankenpfl ege sowie der Kinderbetreuung über Boten- und Helferfunktionen bis hin zu Arbeiten in Call-Centern, im Reinigungs- und Überwachungsgewerbe. Doch nicht nur die Heterogenität der Einsatzfelder macht eine präzise Definition von einfacher Arbeit schwierig. Das größere Problem liegt im Begriff selbst. Was genau ist an einer Arbeit einfach? Ob z. B. eine Tätigkeit in der Altenpfl ege als einfache, gering qualifizierte Arbeit defi niert wird, ist immer auch eine gesellschaftliche Entscheidung. Und unabhängig von der sozialen Einstufung einer Arbeitstätigkeit gilt, dass vermeintlich einfache Tätigkeiten häufi g informelle Kompetenzen und Qualifikationen erfordern, deren Aneignung sich weder in Zertifikaten noch in Beschäftigungssicherheit, Entgelt und gesellschaftlicher Anerkennung zureichend niederschlägt. An diesem Punkt setzt die nachfolgende Argumentation ein. Meine These lautet, dass zwischen einfacher und prekärer Arbeit gegenwärtig eine große Überlappungszone existiert; von einer zwingenden, gleichsam naturwüchsigen Koppelung beider Dimensionen kann jedoch nicht ausgegangen werden. Vielmehr bewirkt die anhaltende Prekarisierung nicht nur einfacher Arbeit, dass die entsprechenden Tätigkeitsfelder zunehmend an Attraktivität einbüßen – und das selbst aus der Perspektive von Gruppen mit geringen berufl ichen Chancen. Nachfolgend soll diese Argumentation in mehreren Schritten entfaltet werden. Zunächst (1.) geht es um die Definition und Wirkung prekärer Arbeitsverhältnisse, anschließend (2.) wird die „Überlappungszone“ zwischen einfacher und prekärer Arbeit ausgeleuchtet. Es folgen einige Überlegungen zu einer verbesserten gesellschaftlichen Anerkennung (3.) einfacher Arbeit. 1. Prekarisierung der Arbeitsgesellschaft Beginnen wir mit Prekarisierung westlicher Arbeitsgesellschaften – eine Entwicklung, die sich in unterschiedlichen Ausprägungen in vielen euro päischen Arbeitsgesellschaften zeigt. Begünstigt durch die außergewöhnlich lange Nachkriegsprosperität ging die Verallgemeinerung von Lohnarbeit auch in Westdeutschland nach 1949 mit einer Tendenz zur Einhegung von Einkommens-, Armuts- und Beschäftigungsrisiken einher. Lohnarbeit wurde zu einer Institution, gekoppelt mit „sozialem Eigentum“ – einem Eigentum zur Existenz- und Statussicherung, das sich u. a. in garantierten Rentenansprüchen, Kündigungs- und Arbeitsschutz, Mitbestimmungsrechten sowie verbindlichen tariflichen Normen manifestierte. Sozialstaatlich regulierte Erwerbsarbeit wurde die Basis für einen Bürgerstatus, der zuvor WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik besitzlosen Klassen und Gruppen trotz fortbestehender Ungleichheiten zu einem respektierten Status in der Gesellschaft verhalf. Seit den 1980er Jahren erleben wir auch in den kontinentaleuropäischen Gesellschaften eine allmähliche Umkehrung dieser Entwicklung. Dafür gibt es vor allem zwei Ursachen. Erstens drängen die neuen Formen von „immaterieller“ Dienstleistungs- und Informationsarbeit nach einem fl exibleren Arbeitsmanagement, das in einem Spannungsverhältnis zu Regelungsformen des Nachkriegskapitalismus steht. Zweitens vollzieht sich der Übergang zu nachfordistischen Arbeitsgesellschaften unter dem Druck eines internationalisierten Finanzmarkt- Kapitalismus (Windolf 2005), dessen Dynamik auf Prozessen beruht, die im Anschluss an Burkhard Lutz (1984) als neue Landnahme bezeichnet werden kann. Unter dem Druck fi nanzmarktgetriebener Konkurrenzen sorgen kapitalmarktorientierte Steuerungsformen von Konzernen, die Führung dezentraler Einheiten mittels Gewinnvorgaben und stän diges Benchmarking für eine Verstetigung von Wettbewerbssituationen im Inneren der Unternehmen. Sämtliche Schutzmechanismen von der tariflichen Begrenzung der Wochenarbeitszeiten bis hin zum arbeitsrechtlich garantierten Kündigungsschutz, also Kernbestände von „Sozialeigentum“, werden tendenziell zum Zielobjekt entgrenzender Verwertungsstrategien. In der Konsequenz driften einzelwirtschaftliche Rationalität und Wohlfahrt auseinander. Trotz rekordverdächtiger Gewinne bauen Konzerne Beschäftigung ab. Selbst rentable Betriebe fallen einseitig kosten- und renditeorientierten Wettbewerbsstrategien zum Opfer. Im Gleichklang mit einer fl exiblen Produk- Schaubild 1 (Des-)integrationspotenziale von Erwerbsarbeit – eine Typologie Zone der Integration (80,6%) 1. Gesicherte Integration („Die Gesicherten“; 31,5%) 2. Atypische Integration („Die Unkonventionellen“ oder „Selbstmanager“; 3,1%) 3. Unsichere Integration („Die Verunsicherten“; 12,9%) 4. Gefährdete Integration („Die Abstiegsbedrohten“; 33,1%) Zone der Prekarität (13,8%) 5. Prekäre Beschäftigung als Chance / temporäre Integration („Die Hoffenden“; 3,1%) 6. Prekäre Beschäftigung als dauerhaftes Arrangement („Die Realistischen“; 4,8%) 7. Entschärfte Prekarität („Die Zufriedenen“; 5,9%) Zone der Entkoppelung (1,7%) 8. Überwindbare Ausgrenzung: („Die Veränderungswilligen“) 9. Kontrollierte Ausgrenzung / inszenierte Integration („Die Abgehängten“) Die Typologie basiert auf einer qualitativen Erhebung mit ca. 100 Befragten aus allen Zonen der Arbeitsgesellschaft, die ich gem. mit Klaus Kraemer und Frederic Speidel durchgeführt habe. Die Prozentzahlen stammen aus einer quantitativen Befragung des INIFES Stadtbergen, die auf einer geschichteten, zufällig ausgewählten Stichprobe (n=5.388) basiert. Tatjana Fuchs hat versucht, mit unserer Typologie zur rechnen. Die Prozentangaben müssen insofern relativiert werden, als die Zuordnung des repräsentativen Materials zu unseren Typen nur annähernd erfolgen konnte. 3,9% der quantitativ Befragten waren nicht zuzuordnen. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung tionsweise, die auf knappen Personal-, Zeit- und Materialpuffern beruht, erschweren zeitlich begrenzte Absicherungen von Stammbelegschaften Neueinstellungen. Daher kommt es selbst in Phasen anziehender Konjunktur nur in vergleichsweise geringem Maße zu Beschäftigungsaufbau. Produktionsspitzen werden mit fl exiblen Arbeitskräften, mit befristet Beschäftigten, Leih- und Zeitarbeitern, teilweise auch mit Mini- und Midijobbern abgefedert. Auf diese Weise fördert die Durchsetzung marktzentrierter Produktionsmodelle die Ausbreitung flexibler und häufi g eben prekärer Beschäftigungsverhältnisse. In der Konsequenz spalten sich die nachfordistischen Arbeitsgesellschaften in Zonen unterschiedlicher Sicherheitsniveaus (Castel 2000: 336 ff.). Die Mehrzahl der Beschäftigten befindet sich hierzulande noch immer in einer „Zone der Integration“ mit formal sicherer, unbefristeter Vollzeitbeschäftigung. Am unteren Ende der Hierarchie entsteht eine „Zone der Entkoppelung“ mit von regulärer Erwerbsarbeit Ausgeschlossenen. Dazwischen expan diert eine „Zone der Prekarität“ mit heterogenen Beschäftigungsformen, die sich allesamt dadurch auszeichnen, dass sie oberhalb eines gesellschaftlich definierten kulturellen Minimums nicht dauerhaft existenzsichernd sind. Eine im Anschluss an das Castelsche Zonenmodell konstruierte Typologie, die die subjektiven Verarbeitungsformen unsicherer Beschäftigung einbezieht (Schaubild 1), vermittelt einen Einblick in die neue Hierarchie der nachfordistischen Arbeitsgesellschaft. Die Typologie illustriert, dass Beschäftigungs-, Einkommens- und Statussicherheit, aber auch Identifikation mit der Arbeitstätigkeit und soziale Anerkennung von oben nach unten abnehmen. Parallel dazu lockert sich die Zugehörigkeit zu sozialen Netzen, die Unsicherheit abfedern könnten. Allerdings zeigt sich auch, dass Unsicherheit in den jeweiligen Zonen in Abhängigkeit von Lebensalter, Geschlecht, Qualifikation und Familienverhältnissen höchst unterschiedlich verarbeitet wird. Insgesamt befindet sich ein erheblicher Teil der Beschäftigten (Typ 1, 2) noch immer in sicheren Arbeitsverhältnissen. Die – auch subjektive – Prekarisierung der Arbeitsgesellschaft vollzieht sich im Kontrast zur Arbeits- und Lebensrealität dieser gesicherten Gruppen. Im engeren Sinne kann man von einem prekären Arbeitsverhältnis sprechen, wenn die Beschäftigten aufgrund ihrer Tätigkeit deutlich unter das Einkommens-, Schutz- und Integrationsniveau sinken, das in der Gegenwartsgesellschaft als Standard definiert und mehrheitlich anerkannt wird. Und prekär ist Erwerbsarbeit auch, sofern sie subjektiv mit Sinnverlusten, Anerkennungsdefiziten und Planungsunsicherheit in einem Ausmaß verbunden ist, das gesellschaftliche Standards deutlich zuungunsten der Beschäftigten korrigiert. Nach dieser Defi nition ist Prekarität nicht identisch mit vollständiger Ausgrenzung aus dem Erwerbssystem, absoluter Armut, totaler sozialer Isolation und erzwungener politischer Apathie. Vielmehr handelt es sich um eine relationale Kategorie, deren Aussagekraft wesentlich von der Definition gesellschaftlicher Normalitätsstandards abhängt, die in erster Linie von den gesicherten Gruppen vorgenommen werden. In einer weiter gefassten Bedeutung bezeichnet Prekarisierung jedoch einen Trend, der über das blo ße Phänomen unsicherer Beschäftigung hinausweist. Insgesamt bildet unsere Typologie drei Kristallisationspunkte von Prekarisierungsprozessen ab. Die gefährdeten Gruppen (Typ 3, 4) befi nden sich formal noch in Normbeschäftigung; sie werden aber von massiven Abstiegsängsten geplagt. Häufi g stoßen wir bei diesen Arbeitern und Angestellten auf eine Kumulation alter und neuer Risi ken. Einerseits üben die Betreffenden nach wie vor vergleichsweise konventionelle Tätigkeiten im Produktions- und Dienstleistungssektor aus. Andererseits werden sie immer mehr zu Prozessverantwortlichen, die möglichst störungsfreie Abläufe und optimale Produktqualität garantieren sollen. Aus der Sicht vieler Beschäftigter gesellen sich zu den Schattenseiten standardisierter Arbeit nun auch noch die Belastungen größerer Marktfl exibilität. Selbst wenn sie dem permanen ten Appell an Eigenverantwortung etwas Positives abgewinnen können, müssen diese Beschäftigten doch mit dem Fortleben einer fremdbestimmten Arbeitssituation rechnen. Die von Standortkonkur renzen und Produktionsverlagerungen ausgehen de Unsicherheit untergräbt die Bereitschaft zur Übernahme „unternehmerischer“ Verantwortung zusätzlich. WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Massive Abstiegsängste sind in diesen Gruppen keineswegs unmittelbarer Reflex auf reale Bedrohungen. Selbst bevorstehende Betriebsschließungen können je nach Lebensalter, Qualifi ka tion und Ressourcenausstattung höchst unterschiedlich verarbeitet werden. Für jüngere Arbeiter z. B. wirkt die absehbare Kündigung mitunter als Antrieb, individuelle Weiterbildungspläne vorzuziehen. Ältere und weniger qualifizierte Befragte befürchten hingegen einen nur schwer korrigierbaren Knick in ihrer beruflichen Laufbahn. Wenngleich die „gefühlte Unsicherheit“ das Ausmaß der realen Bedrohungen übersteigen mag, basieren Ängste doch auf realen Erfahrungen. So sorgen Managementpolitiken, die im Zuge von Standortkonkurrenzen beständig die Beschäftigungsfrage aufwerfen, auch in den Stammbelegschaften immer wieder für Verunsicherung. Dies ist – wie das Unterlaufen tarifl icher Regelungen, damit verbundene Lohneinbußen, Arbeitszeitverlängerungen und Leistungsintensivierungen – eine wichtige Ursache von Prekarisierungsängsten, die in der „Zone der Integration“ wirksam werden. Die Gruppen der Prekarier (Typ 5, 6, 7) befi n- den sich auch formal in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. In ihren subjektiven Verarbeitungsformen bedeutet das Ausüben einer prekären Beschäftigung die Auseinandersetzung mit einer eigentümlichen Schwebelage. Einerseits haben die betreffenden Leiharbeiter, befristet Beschäftigten, Teilzeitkräfte und Geringverdiener den Anschluss an die „Zone der Normalität“ noch immer vor Augen, weshalb ein Teil von ihnen alle Energien mobilisiert, um den Sprung in eine gesicherte Beschäftigung doch noch zu schaffen. Andererseits sind permanente Anstrengungen auch nötig, um einen dauerhaften sozialen Abstieg zu vermeiden. Wer in seinen Anstrengungen nachlässt, dem droht der Absturz in die „Zone der Entkoppelung“. Aufgrund der Diskontinuitäten des Beschäftigungsverhältnisses besitzen die „modernen Prekarier“ keine Reserven, kein Ruhekissen. Sie sind die ersten, denen in Krisenzeiten Entlassungen drohen. Ihnen werden bevorzugt die unangenehmen Arbeiten aufgebürdet. Sie sind die Lückenbüßer, die „Mädchen für alles“, deren Ressourcen mit anhaltender Dauer der Unsicherheit allmählich verschlissen werden. Die Betreffenden entwickeln unterschiedliche Strategien zur Bewältigung sozialer Unsicherheit. So handelt es sich bei den Hoffenden (Typ 5) in erster Linie um jüngere, qualifi zierte Beschäftigte, die ihr prekäres Arbeitsverhältnis als Sprungbrett in eine Normalbeschäftigung betrachten. Sie alle setzen auf den viel beschworenen „Klebeeffekt“ einer flexiblen Beschäftigung. Kontakte zu Beschäftigern und Kollegen sowie gute Arbeitsleistungen sollen die Gewähr dafür bieten, dass die „Normalisierung“ der Erwerbsbiographie letztendlich doch noch gelingt. Diese Erwartungshaltung treibt die Befragten an. Konsequent kritisieren sie vor allem fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten, die mit der prekären Beschäftigung verbunden sind. Daneben finden sich aber auch Verarbeitungsformen, die auf eine Verstetigung von Prekarität hinauslaufen. Die Realisten und die Zufriedenen entwickeln aus unterschiedlichen Gründen Strategien, um in einer Lebenssituation, die durch permanente Unsicherheit gekennzeichnet ist und eine Art Provisorium im Dauerzustand konstituiert, überleben zu können. Das Ziel einer Überwindung von Prekarität haben diese Befragten im Grunde aufgegeben. Sie sind bestrebt, in einer Lebenslage einigermaßen handlungsfähig zu bleiben, die sie zu dauerhafter Benachteiligung verurteilt. Dies kann geschehen, indem die Betreffenden pragmatisch zwischen Arbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung pendeln. Möglich ist aber auch, dass sie das eigene Anspruchsniveau zurückschrauben, um so ein wenig Autonomie in einer prekären Lebenssituation zurückzugewinnen. Eine Sonderform stellt die subjektive Entschärfung von Prekarität mittels (Wieder-)Belebung klassischer Formen geschlechtsspezifi scher Arbeitsteilung dar. So etwa, wenn berufstätige Frauen in prekären Jobs sich selbst als Zuverdienerinnen defi nieren. Trotz subjektiver Entschärfung ihrer Situation gilt jedoch auch für diese Gruppen, dass ihre Beschäftigungsverhältnisse ne ben sozialer Unsicherheit und materiellem Mangel vielfach mit Anerkennungsdefiziten und einer Schwächung der Zugehörigkeit zu sozialen Netzen verbunden sind, deren Integrationskraft eigentlich dringend benötigt würde, um den Alltag einigermaßen bewältigen zu können. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Bei den „entkoppelten“ Gruppen (Typ 8, 9), Langzeitarbeitslosen und anderen von regulärer Erwerbsarbeit Ausgegrenzten, radikalisieren sich solche Probleme. Die Erwerbsorientierungen dieser Gruppen sind mehrheitlich noch immer auf den ersten Arbeitsmarkt gerichtet. Die Veränderungswilligen setzen einiges daran, einen Schul- oder Ausbildungsabschluss nachzuholen oder eine Qualifikation zu erlangen, die die Chance auf eine reguläre Arbeit verbessert. Gerade auch bei Ostdeutschen wirkt hier eine wesentlich normativ begründete Arbeitsmotivation. Eine „normale“ Beschäftigung gehört wie selbstverständlich zu den Vorstellungen eines guten Lebens. Neben den Veränderungswilligen existiert jedoch auch der minoritäre Typus der Abgehängten. Charakteristisch für diese Gruppen ist, dass sie – sei es aufgrund eigener Erfahrungen, sei es, weil das soziale Umfeld es nahe legt – die Orientierung auf eine reguläre Erwerbsarbeit faktisch aufgegeben haben. Die Antizipation der eigenen Chancenlosigkeit mündet in eine mehr oder minder bewusste Abkopplung von der offi ziellen Arbeitsgesellschaft. „Normalarbeit“ wird zu einem fi ktiven Maßstab, den zu erreichen für die Befragten im Grunde unmöglich geworden ist. Realistisch erscheint allenfalls der Sprung in ein prekäres Arbeitsverhältnis, eine Aussicht, die Qualifi zierungsbemühungen subjektiv entwertet und die Vermeidungsverhalten fördert. Vor diesem Hintergrund wird die Option, sich in einer Art Subgesellschaft einzurichten, zu einer realistischen Alternative. Sie entlastet vom ständigen Kampf um eine Einmündung in den ersten Arbeitsmarkt und der wenig attraktiven Aussicht eines dauerhaften Aufenthalts im prekären Segment. 2. Schnittmengen von prekärer und einfacher Arbeit In welchem Verhältnis stehen nun die Segmente mit einfacher Arbeit zu den skizzierten Prekarisierungsprozessen? Zunächst lässt sich festhalten, dass Prekarisierungserfahrungen weit über den Bereich einfacher Arbeit hinaus verbreitet sind. Zwar gilt, dass nicht jede Form flexibler Arbeit zugleich prekär ist. Und es steht außer Zweifel, dass manche Gruppen von Arbeitnehmern von einem Arbeitsmanagement profitieren, das sie „zur Freiheit verdammt“ (Castel 2005: 63 f.). Doch die Grenzen zwischen jenen „Selbstmanagern“ (Typ 2), die mit flexiblen Arbeitsformen primär Freiheitsgewinn verbinden, und den gefährdeten Gruppen (Typ 3, 4) sind fließend. So arbeiten viele Beschäftigte in der Kulturwirtschaft, im Medienbereich, der Film- und Fernsehindustrie in Verhältnissen, die, gemessen an Einkommens- und Beschäftigungssicherheit, als prekär bezeichnet werden müssen (TAZ 2006, Kulturwirtschaft 2005). Hier sind es neben der Identifikation mit der berufl ichen Tätigkeit vor allem die Hoffnungen auf den großen Durchbruch (z. B. eines Designerstudios oder Techno-Labels) und das schillernde Image der Branche („Ich bin beim Film“), die dazu beitragen, Kreativarbeiter in geduldige Prekarier zu verwandeln. Umgekehrt muss einfache Arbeit nicht zwangsläufig prekär sein. Wenn sie mit einem mehr als existenzsichernden Einkommen verbunden ist, das ein Leben oberhalb einer „Schwelle der Respektabilität“ ermöglicht, sind entsprechende Tätigkeiten möglicherweise belastend und anstrengend, prekär im engeren Sinne sind sie aber nicht. Aktuell dürfte es sich bei solchen Varianten einfacher Arbeit jedoch eher um Ausnahmen handeln. Charakteristisch für einfache Arbeit ist vielmehr, dass Prekarisierungserfahrungen ohne den „Filter“ einer kreativen Tätigkeit wirken. Die Überlappung von einfacher und prekärer Arbeit lässt sich exemplarisch an einigen Beschäftigungsformen zeigen.9 9 Zu den nachfolgenden Daten vgl. Brinkmann u. a. 2006, dort genauere Quellenangaben. WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik Geringfügige Beschäftigung, Mini- und Midi- Jobs: Während der letzten Jahre haben Mini- und Midi-Jobs eine steile Karriere verzeichnet.10 Nach den Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP) gab es bereits 1996 5,4 Mio. geringfügige Beschäftigungsverhältnisse (4,6 Mio West, 750.000 Ost). Bei einem Viertel handelte es sich um Nebenbeschäftigungen. 40% der ausschließlich geringfügig Beschäftigten waren verheiratete Frauen, 25% Schüler und Studierende, 10% Rentner. Als prekär galt diese Beschäftigungsform nicht nur wegen ihrer minderen Sozial- und Schutzrechte, sondern auch, weil sie sich, da sozialversicherungsfrei, zur Aufspaltung beitragspfl ichtiger Normarbeitsverhältnisse nutzen ließ. Infolge des mit dem Namen Riester verbundenen Regulierungsversuchs ging die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse offenbar in Teilbereichen zurück. Inzwischen gelten Mini- und Midi-Jobs jedoch wieder als willkommene Entlastungen des Arbeitsmarktes. Zum Stichtag 01.01.2004 waren es von den 26,75 Mio. sozialversicherungspfl ichtig Beschäftigten 669.000 Arbeitnehmer (2,5%), die die Midi-Job-Regelung in Anspruch genommen hatten, davon wiederum 155.000 während der gesamten Beschäftigungszeit und 514.000 wenigstens zeitweilig. Zusätzlich zu ihrer sozialversicherungspflichtigen Haupttätigkeit übten 1,44 Mio. Beschäftigte oder 5,4% einen Minijob als Nebentätigkeit aus. Darüber hinaus waren Ende Dezember 2004 4,54 Mio. Personen ausschließlich in einem geringfügig entlohnten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Minijobs fi nden sich im Westen relativ häufiger als im Osten, während die Inanspruchnahme der Midi-Job-Regelung in West wie Ost gleich groß ist. Mini- und Midi-Jobs werden vor allem von Frauen genutzt (insbesondere die Midi-Jobs). Während sich die Altersstruktur bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, den Midi- und den Nebenjobbern ähneln, sind bei den ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten Jüngere und Ältere überdurchschnittlich vertre ten. Mini- und Midi-Jobs gibt es insbesondere in den Dienstleistungsbranchen. Stark vorhanden sind sie in privaten Haushalten, im Reinigungsgewerbe und in der Gastronomie. Außerdem konzentrieren sich Minijobs in Klein- und Mittelbetrieben. Befürchtungen, dass mit der Einführung der Mini-Jobs bestimmte nicht intendierte Effekte, wie die Substituierung standardisierter durch geringfügige Arbeitsplätze, zunehmen könnten, finden in der aktuellen empirischen Forschung immer häufiger Bestätigung: „Während Minijobs erheblich zugenommen haben, nahm die Zahl sozialversicherungspfl ichtig Beschäftigter deutlich ab. Ob und inwieweit sozialversicherungspflichtig Beschäftigte durch Minijobs verdrängt wurden, bleibt weiterer Forschung überlassen“, urteilte die Bundesanstalt für Arbeit 2004. Das IAB stellt fest, dass die Anzahl der Mini-Jobs zwar mit dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen (April 2003) deutlich gestiegen ist, der Arbeitsmarkt aber durch diese Entwicklung nur bedingt entlastet wird: „Ein Grund liegt darin, dass ein Teil der neuen Mini-Jobs bisher als Vollzeitarbeitsplätze bereits existierte, die in mehrere Beschäftigungsverhältnisse (Mini-Jobs) umgewandelt wurden.“ Mit der Einführung von Midi-Jobs sollte einem bereits seit langem in der Debatte vorliegenden Argument Rechnung getragen werden, bestehende Abgabensprünge beim Übergang von geringfügiger zu sozialversicherungspfl ichtiger Beschäftigung durch eine Gleitzone aufzuheben (vgl. dazu die Debatten über Modelle negativer Einkommenssteuer). Ziel ist, die Ausdehnung der Arbeitszeiten von Mini- hin zu Midi-Jobs attraktiver zu gestalten. Ein Großteil der Midi-Jobs wird heute als Teilzeitarbeit ausgeführt, allein in Ostdeutschland entfällt über die Hälfte aller Midi-Jobs auf das Dienstleistungsgewerbe. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass es sich bei der Masse der Mini- und Midi-Jobs um vergleichsweise einfache Arbeitstätigkeiten handelt. Immer mehr Beschäftigte sind ausschließlich auf einen solchen Job 10 Um einen Minijob handelt es sich, wenn das Arbeitsentgelt im Monat regelmäßig 400 Euro nicht überschreitet. Kurzfristige Beschäftigung ist gegeben, wenn die Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres nach ihrer Eigenart auf nicht mehr als zwei Monate oder insgesamt 50 Arbeitstage im Voraus vertraglich begrenzt ist. Midijobs sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, deren Arbeitsentgelt zwischen 400 Euro und 800 Euro liegt (dies gilt nicht für Auszubildende). WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung angewiesen, der häufig nicht einmal im absoluten Sinne existenzsichernd ist. Wenngleich schwer nachweisbar, spricht einiges dafür, dass geringfügige zunehmend sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigung ersetzt. Überdurchschnittlich häufi g sind es Frauen und Migranten, die solche Jobs ausüben. Teilzeitarbeit: Am Beispiel von Mini-Jobs und klassischer Teilzeitarbeit lassen sich die Interdependenzen tradierter und aktueller Formen nichtstandardisierter Beschäftigung aufzeigen. Seit 2001 ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz in Kraft, das den Arbeitnehmern sowohl einen Anspruch auf Verkürzung, aber auch die Möglichkeit zur Verlängerung der Arbeitszeit eröffnet. Ziele waren unter anderem die Schaffung neuer Arbeitsplätze und eine Verbesserung der Geschlechtergerechtigkeit. Tatsächlich ist die Teilzeitquote in den letzten Jahren nahezu kontinuierlich angestiegen. Bis 1995 war die sozialversicherungspfl ichtige Teilzeitarbeit in Westdeutschland auf 10% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse angestiegen. Bei diesen Beschäftigungsverhältnissen handelte es sich um teilweise erwünschte und häufig geschützte Arbeitsformen, die als fl exibel, aber nicht unbedingt als prekär gelten konnten und können. Teilzeitarbeit war schon Mitte der 1990er Jahre vor allem eine Domäne von Frauen. Problematisch ist diese Beschäftigungsform seit jeher für diejenigen, die nach einer Vollzeitbeschäftigung streben, weil Einkommen und Versorgungsansprüche aus Teilzeitarbeit keine eigenständige Existenzsicherung zulassen. Aktuelle IAB-Zahlen verdeutlichen, dass es sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland von 2003 auf 2004 einen Rückgang der sozialversicherungspfl ichtigen Teilzeitbeschäftigung wahrscheinlich zu Gunsten nicht sozialversicherungspfl ichtiger Teilzeitbeschäftigun gen gegeben hat. Ein weiterer Hinweis auf einen vom Gesetzgeber nicht intendierten Effekt des „Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ von April 2003. Wie schon bei den Mini-Jobs ist der Dienstleistungsbereich auch bei der Teilzeitbeschäftigung überdurchschnittlich vertreten; und nach wie vor sind es überwiegend Frauen, die darunter fallen. In Westdeutschland lag ihr Anteil an allen Teilzeitbeschäftigten bei 82 %, in Ostdeutschland bei 79%. Darin spiegeln sich vor allem die in Westdeutschland fehlenden bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangebote wider. Daten des DIW weisen zudem darauf hin, dass Frauen länger in Teilzeit arbeiten. Teilzeitbeschäftigung fördert somit zwar die Partizipationschancen von Frauen am Arbeitsmarkt allgemein, die Übergangswahrscheinlichkeit in eine Vollzeitstelle liegt bei ihnen jedoch niedriger als bei Männern. Im Mai 2003 lebten in Deutschland zwei Drittel (66%) aller Teilzeiterwerbstätigen überwiegend vom Einkommen aus der Teilzeitarbeit. Bei fast einem Viertel der Teilzeitkräfte (23%) stellte der Unterhalt durch Angehörige die wichtigste Quelle zum Lebensunterhalt dar. In den neuen Ländern und Berlin-Ost ist die Bedeutung der Erwerbsarbeit für den Lebensunterhalt teilzeittätiger Frauen besonders hoch. So war für 79% der weiblichen Teilzeitkräfte in Ostdeutschland das eigene Erwerbseinkommen die Haupteinkunftsquelle. Allerdings empfand mehr als die Hälfte dieser Frauen den Teilzeitverdienst als unzureichend, denn 53% von ihnen strebten eigentlich eine Vollzeitstelle an. In dieser Konstellation tritt der prekäre Charakter eines erheblichen Prozentsatzes der Teilzeitarbeit offen zutage, denn die Beschäftigungsform ist erzwungen und sie ist mit gravierenden Nachteilen nicht nur beim Entgelt und der Alterssicherung, sondern auch bei den Partizipationsmöglichkeiten (z. B. Repräsentanz durch einen Betriebsrat) verbunden. Wie groß der Anteil „einfacher Arbeit“ an den Teilzeitstellen ist, lässt sich nur erahnen. Die starke Konzentration im Bereich von Dienstleistungs- und Frauenarbeit signalisiert jedoch eine große Schnittmenge. Niedriglohnbereich: Mehr als ein Sechstel aller Vollzeitbeschäftigten zählte 2001 zu den Niedriglohnverdienern. Als Niedriglohnbezieher gelten nach einer gängigen Definition diejenigen Beschäftigten, deren Lohn weniger als zwei Drittel des sogenannten Medianlohns beträgt. Nach einem Absinken der Quote (Niedriglohnbezieher gemessen am Anteil aller sozialversicherungspfl ichti gen Voll zeitbeschäftigten in Deutschland) Mitte der 1990er Jahre hat der Anteil der Niedriglohnbezieher kontinuierlich zugenommen. Von 1997 bis 2001 ist er in Gesamtdeutschland von 15,8 auf 17,4% gestiegen. Und diese Entwicklung hält Wirtschafts- und Sozialpolitik an. In der Literatur werden vor allem zwei Ursachen genannt. Erstens die rückläufi ge tarifvertragliche Deckungsrate in Deutschland, die seit 1990 deutlich zurückgegangen ist. Heute unterliegen 30% der westdeutschen und 46% der ostdeutschen Be schäftigten keiner Tarifdeckung mehr; wobei die Tarifbindung vor allem in den klassischen Niedrig lohnbranchen des privaten Dienstleistungssektors besonders schwach ist. Zweitens kommt hinzu, dass eine Reihe von Tarifverträgen Niedrig lohn gruppen festgeschrieben haben, die sich auf dem Niveau von Armutslöhnen bewegen (Bispinck/ Schäfer 2005, Schulten 2005: 17). Die spezifischen Risiken des Niedriglohnsektors sind seit langem bekannt: Instabile Beschäftigungsverhältnisse be hindern eine längerfristige Integration in den ers ten Arbeitsmarkt. Neuere Studien lassen zudem befürchten, dass von einer deutlich zurückgehen den Aufstiegsmobilität auszugehen ist. So spricht das IAB von einem wachsenden Armutsrisiko durch die „Niedriglohnfalle“: „Die Aufstiegsmobilität der Geringverdiener ist in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Dieser Trend stellt auch im internationalen Vergleich eine Besonderheit dar.“ In einem Beobachtungszeitraum von sieben Jahren (1994–2001) waren in Deutschland nicht einmal 50% aus dem Niedriglohnsektor aufgestiegen, in der Mehrzahl der anderen europäischen Staaten waren es 70% und mehr (European Commission 2004: 168 ff.). Blickt man auf ausgewählte Beschäftigtengruppen, so sind es die „üblichen Verdächtigen“, die sich auch im Niedriglohnsektor überproportional wiederfinden: jüngere Beschäftigte, Frauen, in Ostdeutschland Beschäftigte, gering Qualifi zierte, Migranten sowie Beschäftigte in Klein- und Mittelbetrieben (KMU). Wenig überraschend besteht eine Korrelation zwischen dem wachsenden Niedriglohnsektor und der Armutsproblematik. Schon Ende der 1990er Jahre gelangten Bäcker/ Hanesch u.a. (1998) zu dem Ergebnis, dass 2,5 Mio. Menschen in den alten Bundesländern weniger als 75% des Durchschnittseinkommens (Brutto) und 1 Mio. (6,7%) weniger als 50% des Nettoeinkommens verdienen. Insgesamt gehörten 8,5 Mio. Menschen Haushalten an, die von WISO Diskurs einem Einkommen unterhalb von 50% des durchschnittlichen Haushaltseinkommens leben mussten. Die Analyse belegt nicht nur einen relativ ho hen Differenzierungsgrad von Einkommen; sie bestätigt auch das „weibliche Gesicht“ potenzieller Armut. Insgesamt 45% aller Arbeitnehmerinnen verfügen über weniger als 75% des Durchschnittseinkommens. Gerade mit Blick auf Frauen muss man vielfach von prekärem, weil an spezifi sche soziale Voraussetzungen (stabile Partnerschaften) gebundenem Wohlstand sprechen. Einfache und niedrig entlohnte Arbeit dürfte ebenfalls eine hohe Schnittmenge aufweisen. Aber auch hier gibt es keine nahtlose Übereinstimmung. Ein erheblicher Teil der Niedriglohnbeschäftigung wird von Qualifizierten ausgeübt. Entgegen dem verbreiteten Klischee haben 77,4% der Niedriglohnbeschäftigten eine abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar einen akademischen Abschluss, drei Viertel sind mittleren Alters und bei 89% der Niedriglohnbezieher handelt es sich um Deutsche (Bosch/Weinkopf 2006: 8 f.) Gering Qualifi zierte: Die größte Übereinstimmung zwischen einfacher und prekärer Arbeit dürfte sich definitionsgemäß bei den sogenannten gering qualifizierten Gruppen fi nden. Gering Qualifizierte gehören nach wie vor zu den größten Problemgruppen am Arbeitsmarkt, ihre Arbeitslosenquoten sind mit Abstand die höchsten. Selbst bei hohen Wachstumsraten – wie Ende der 1980er oder 1990er Jahre – ging ihre Beschäftigung kontinuierlich zurück. Dies trifft besonders Migranten mit geringer Qualifi kation. Migran ten sind insgesamt häufiger teilzeit- und geringfügig entlohnt beschäftigt. Die Kombination von geringfügig entlohntem Nebenjob und regulärer, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung fi ndet sich ebenfalls weitaus häufiger bei Migranten als bei Deutschen. Die Haushaltseinkommen von Migranten sind geringer als die der deutschen Bevölkerung. Die Ungleichheit fällt bei Haushalten mit nur einem erwerbstätigen Haushaltsvorstand besonders stark aus. Hinzu kommt, dass Migran ten doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind; der Anteil an Sozialhilfeempfängern übertrifft den der deutschen Bevölkerung um das Dreifache. Personen mit Migrationshin WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung tergrund haben mit 24% (2003; 1998: 19,6%) ein höheres Armutsrisiko als die deutsche und die Gesamtbevölkerung. Die geringeren Teilhabechancen von Migranten basieren in erster Linie auf einem höheren Erwerbsrisiko, welches neben Sprachpro blemen, geringerer Bildung und berufl icher Qualifikation, z. T. auch auf unsichere Aufenthaltsbedingungen, gesetzlich geregelten Nachrang bei den Zugängen zum Arbeitsmarkt sowie (indirek ter) Diskriminierung von Beschäf tigern zurückzuführen ist. Insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund haben aufgrund schlechterer Bildungsabschlüsse ungünstigere Startbedingungen in das Arbeitsleben als deutsche Kinder. Unter dem Strich bleibt, dass einfache Arbeit häufig eine Sache von Migranten ist. Soweit sie mit solchen Tätigkeiten ihre soziale Position (etwa gemessen an der Situation in ihrem Herkunftsland) zu verbessern glauben und in dem Maße, wie sie ihren Status als „transitorisch“, als vorübergehend begreifen, wächst die Bereitschaft, sich auf Tätigkeiten in den B-Segmenten des Arbeitsmark tes einzulassen. 3. Schlussfolgerungen Insgesamt ist die Datenlage hinsichtlich der Schnittmenge zwischen prekärer Beschäftigung und einfacher Arbeit nicht sonderlich gut. Die vorhandenen Erkenntnisse genügen jedoch, um mit einigen Mythen der arbeitspolitischen und auch der Arbeitsmarktdebatte aufzuräumen. (1) „Vereinfachung“ von Produktionsarbeit – keine Alternative: Fakt ist, dass einfache, gering qualifi zierte Arbeit vor allem im verarbeitenden Gewerbe einem hohen Rationalisierungsrisiko ausgesetzt ist. Davon zeugt bereits der hohe Anteil an Arbeitslosen unter den gering Qualifizierten. Auch durch staatliche Subventionen lässt sich einfache Arbeit daher nicht in eine unerschöpfliche Quelle von Beschäftigung verwandeln. Dies spricht gegen Ansätze, die darauf zielen, Produktionsarbeit in einfache Arbeit zurückzuverwandeln. Nach solchen Vorschlägen (vgl. Gryglewski 2005), wie sie auf der Arbeitgeberseite diskutiert werden, soll auf allen Ebenen der Arbeitsprozesse im verarbeitenden Gewerbe eine neue Mischung von einfacheren und qualifizierteren Arbeitsaufgaben mit einer entsprechenden Lohnspreizung angestrebt werden. Im Bereich der manuellen Serienfertigung und Montage wäre dann in der Regel keine Facharbeiterqualifikation mehr vorgesehen, vielmehr soll eine aufgabenbezogene „(Anlern-)Ausbildung“ erfolgen. Damit würde nicht die Erstausbildung gegenüber einer aufgabenbezogenen Qualifi zierung an Bedeutung verlieren, Weiterbildung mutierte generell zu einer Privatveranstaltung: „Verantwortlich für die Beschäftigungsfähigkeit ist der Beschäftigte selbst, der Arbeitgeber schafft hierfür Angebote. Auch für aufgabenbezogene Qualifi zierungsmaßnahmen ist ein Eigenbeitrag erforderlich (z. B. durch Einbringen von Zeitkonten). Zusätzliche Qualifikationen werden grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit erworben. Altersgerechter Einsatz von Beschäftigten bedeutet, dass eine altersgerechte Rücknahme von Anforderungen stattfi ndet, die auch mit entsprechenden fi nanziellen Rückschritten verbunden sein kann“ (ebd.: 8 f.). Bündelt man diese Kernsätze zu einem Leitbild, so wird unmittelbar deutlich, dass es sich um ein Kontrastprogramm zu arbeitspolitischen Ansätzen handelt, wie sie z. B. die Forschergruppe um Michael Schumann mit ihrem Konzept einer „innovativen Arbeitspolitik“ (Schumann u.a. 2005), basierend auf qualifi zierter Gruppenarbeit mit einem hohen Grad an Selbstorganisation, vertritt. Mehr noch: Das von Gryglewski u. a. propagierte Leitbild einer Produktionsarbeit auf dem Niveau von Angelernten in Lohngruppe 1, die gewissermaßen als Unternehmer ihrer eigenen Arbeitskraft auch noch für ihre Beschäftigungsfähigkeit, sprich für eine ständige Weiterbildung zuständig sein sollen, bedeutet den Bruch mit einem arbeitspolitischen Entwicklungspfad, der zu Beginn der 1990er Jahre auch von den Metall- Arbeitgeberverbänden als programmatische Leitlinie formuliert worden war. Insofern weisen entsprechende Positionsbestimmungen trotz des erkennbaren Branchenbias „weit über den Bereich der Montagetätigkeiten in der Automobilindustrie hinaus“ (Detje u.a. 2006: 141). Es gehört indessen Wirtschafts- und Sozialpolitik wenig Phantasie dazu, um zu prophezeien, dass gerade ein solcher Weg der „Vereinfachung“ und Dequalifizierung Produktionsarbeit austauschbar, ersetzbar macht und damit das Rationalisierungsund Verlagerungsrisiko weiter erhöhen würde. (2) Veränderung der Anerkennungspyramide: Beschäftigungsintensiv ist einfache Arbeit in Segmenten personenbezogener Dienstleistungstätigkeiten. Dort zeigt sich jedoch ein anderes Problem. Die berufliche Anerkennungspyramide ist im Grunde noch immer stark auf das produzierende Gewerbe und die berufliche Ordnung der Industriegesellschaft zugeschnitten. Dementsprechend genießen Stahlarbeiter nach wie vor größere gesellschaftliche Anerkennung als Krankenschwestern oder Verkäuferinnen, von Reinigungskräften oder Beschäftigten in der Gastronomie ganz zu schweigen. Die Platzierung einfacher Arbeit am unteren Ende der Anerkennungspyramide beinhaltet mehr als ein bloßes moralisches Problem. Sie schlägt sich auch in vergleichsweise geringer Bezahlung, in stark belastenden Arbeitsbedingungen und schwach ausgeprägten Interessenvertretungsstrukturen nieder. Dies ist zugleich ein wesentlicher Grund dafür, dass sich Prekarisierungstendenzen im Bereich einfacher Arbeit bündeln. Es sind gerade sogenannte einfache Arbeitstätigkeiten, die im Zuge eines fl exiblen Arbeitsmanagements, das mit Outsourcing, Fremdvergabe, Franchising etc. operiert, zum bevorzugten Feld für Kostensenkungsmaßnahmen und Tarifdumping werden. Davon sind häufi g auch solche Tätigkeiten betroffen, die als personenbezogene Dienstleistungen gerade nicht der Weltmarktkonkurrenz ausgesetzt sind. Beschäftigte im Friseurhandwerk in Hamburg, die ihre Tätigkeit mit einem Negativkonto von 1.500 Euro aufnehmen und dies auf ihren Stundenlohn angerechnet bekommen, der dann ca. zwei Euro beträgt (Quelle: ver.di-Bezirk Nord), sind hier nur die Spitze eines Eisbergs. Im Hotelgewerbe von Großstädten wie Frankfurt und Hamburg sind die Löhne – auch wegen der illegalen Beschäfti- WISO Diskurs gung von Osteuropäern – z. T. auf zwei Euro gesunken. 11 Die Entwertung einfacher Arbeit schreitet aber auch in Bereichen voran, die lange Zeit zu den besonders geschützten gehörten. Ein markantes Beispiel sind Arbeitsfelder bei der Deutschen Post AG, die sich zunehmend der Konkurrenz privater Lizenznehmer gegenübersieht. Neuere Untersuchungen belegen, dass diese Lizenznehmer ihre Lohnkostenvorteile aus der Prekarisierung (nicht nur) einfacher Arbeitstätigkeiten beziehen: „In wohl keinem anderen Markt ist ein vergleichbar großer Lohnkostenunterschied zwischen einem dominanten Anbieter und seinen Konkurrenten festzustellen, wie er im deutschen Briefmarkt gegeben ist. Problematisch ist dabei besonders der Umstand, dass die Lizenzunternehmer ihre Kostenvorteile überwiegend aufgrund der prekären Arbeits- und Einkommensbedingungen ihrer Beschäftigten erreichen können.... Gelingt es... nicht, die Verhältnisse bei den Lizenznehmern als bisherigen Profi teuren der Prekarisierung nachhaltig zu verbessern, so besteht angesichts der ausgeprägten Asymmetrien in puncto Beschäftigungsbedingungen am Briefmarkt die akute Gefahr, dass auch die Standards bei der Deutschen Post AG unter zunehmenden Absenkungsdruck geraten. Prekäre Arbeit könnte dann auch beim marktbeherrschenden Unternehmen verstärkt zum Thema werden“ (Input Consult 2006: 91). Solche Beispiele illustrieren einen Teufelskreis. Je stärker der Prekarisierungsdruck wird, desto wuchtiger trifft er die Bereiche mit einfacher Arbeit und um so stärker leidet die Attraktivität dieser Segmente. Denn diese Entwicklung steht häufig in krassem Gegensatz zu dem Arbeitseinsatz, der denjenigen abverlangt wird, die die vermeintlich einfachen Tätigkeiten ausüben. Zwischen der anstrengenden Arbeit in der Seniorenwirtschaft z. B., der schwierigen „Beziehungsarbeit“, die Pfl egerinnen dort zu verrichten haben und den dort typischen Einkommens- und Anerkennungsverhältnissen besteht ein krasser Gegensatz. Das „Ausbrennen“ von Pflegern und Pflegerinnen ist hier ein cha 11 Ein besonders spektakulärer Fall beschäftigte selbst die Boulevard-Presse: Das Hamburger Dorint Sofitel vermietet seine Präsidentensuite für 1275 Euro die Nacht, eine Reinigungskraft erhält in diesem Hotel einen Stundenlohn von 1,92 Euro. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung rakteristisches Syndrom, das unweigerlich auch auf die Qualität der Dienstleistung durchschlägt. (3) Haltelinien nach unten: Soll der gerade für die Bereiche mit einfacher Arbeit verhängnisvolle Prekarisierungstrend gestoppt werden, muss es gelingen, Mindeststandards für „gute Arbeit“ neu zu verankern. Angesichts rückläufiger Tarifdeckung macht es Sinn, für die gesetzliche Regelung eines existenzsichernden Mindestlohns einzutreten. Die Arbeitsrealität der „Prekarier“ vor Augen, beinhaltet das Modell branchenspezifischer Mindestlöhne, die sich jeweils an der untersten Tarifgruppe orientieren, einige Probleme. Denn neben den expandierenden „tarif freien Zonen“ gilt es zu beachten, dass in vielen Bereichen (Reinigungsgewerbe, Überwachungsgewerbe, Textilindustrie etc.) Tariflöhne im unteren Bereich teilweise Armutslöhne sind. Insofern besitzt das Konzept eines einheitlichen gesetzlichen Mindestlohns für alle Branchen, dessen Höhe perio disch unter Beteiligung der Tarifparteien und des Staates auszuhandeln wäre, trotz bekannter Risiken auch und gerade für die Segmente mit einfacher Arbeit einigen Charme. Doch auch das jetzt zwischen Gewerkschaften und Sozialdemokratie vereinbarte Modell brächte Fortschritte. Seine realen Auswirkungen müssten (Übergangsregelungen, Auswirkungen auf Non-Profi t-Organisationen etc.) jedoch zum Gegenstand ständiger Überprüfungen werden. Nicht minder dringlich ist es, die 2011 anstehende Freizügigkeit von Arbeitskräften im EU- Raum sozial zu gestalten. Wird nicht Vorsorge getroffen, wäre es möglich, dass ab diesem Zeitraum Anbieter für einfache Dienstleistungen am deutschen Markt auftauchen, die zu Löhnen und Arbeitsbedingungen operieren, wie sie gegenwärtig in osteuropäischen Ländern üblich sind. Auch aus diesem Grund werden wirksame Mindestlöhne benötigt, ansonsten wäre radikalem Lohndumping gerade in den Segmenten mit einfacher Arbeit Tür und Tor geöffnet. Mindestlöhne konstituieren freilich zunächst nur eine Norm für faire Entgelte, die real erst noch durchzusetzen wäre. Eine Förderung der Selbstorganisation vermeintlich un organisierbarer Gruppen in den prekären Berei chen könnte hier einiges beitragen. Trotz der bekannten Schwierigkeiten, die unstete Beschäftigung für die Definition und Durchsetzung von Kollektivinteressen mit sich bringt, existiert auch unter den „Prekariern“, den Niedriglohn beziehern und Beschäftigten mit vermeintlich einfachen Arbeitstätigkeiten ein erhebliches Aktivitätspotenzial. Gewerkschaften und Selbsthilfeorganisationen können dies als Ansatzpunkt für aktives Organizing nutzen. Dabei lässt sich z. B. von einigen euro päischen und US-amerikanischen Gewerkschaf ten lernen, die beträchtliche Organisationserfolge bei Migranten und prekär Beschäftigten erzielt haben. Voraussetzungen waren neben passgenauen Dienst leistungen lokale Bündnisse mit sozialen Bewegungen, Kirchen und Selbsthilfeorganisationen, die erheblich zur Revitalisierung gewerkschaftlicher Strukturen beigetragen haben (Voss/Shermann 2000: 303 ff.). Von einer solchen Politik sind die deutschen Gewerkschaften einstweilen noch weit entfernt, aber das Umdenken hat begonnen und es gibt erste hoffnungsvolle Ansätze für eine wirksame Interessenvertretung in diesem Bereich. (4) Arbeitsmarktpolitik: Aufgabe der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik wäre es, den Druck von den schwächsten Gruppen der Gesellschaft zu nehmen. Die aktuellen Arbeitsmarktreformen bewirken eher das Gegenteil. Sinkende Anspruchslöhne und strenge Zumutbarkeitsregeln sollen Arbeitslose dazu motivieren, der Arbeitslosigkeit jede reguläre Arbeit vorzuziehen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass eine bessere Betreuung von Arbeitslosen, ein zielgenauerer Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente, höherer Mobilitätsdruck und effizientere Vermittlung Arbeitslosigkeit nur verringern, wenn sofort besetzbare Stellen in nennenswertem Umfang vorhanden sind. In vielen Regionen ist das jedoch trotz des Aufschwungs am Arbeitsmarkt gerade mit Blick auf die sogenannten Problemgruppen – Junge, Ältere, Frauen, gering Qualifi zierte, Migranten – so nicht der Fall. Aus diesem Grund verstärken die Reformen nicht nur bei Arbeitslosen und prekär Beschäftigten, sondern gerade bei den Integrierten, die noch etwas zu verlieren haben, Abstiegsängste. Hier sind korrigierende Maßnahmen nötig. Ein erster Schritt wäre es, das Instrument be Wirtschafts- und Sozialpolitik fristeter Arbeitsgelegenheiten durch einen öffentlich geförderten Sektor mit gemeinnützigen Tätigkeiten, sozialversicherungspfl ichtiger Beschäfti gung und regulärem Lohn zu ersetzen, der Betroffenen zu einem Leben oberhalb der „Grenze der Respektabilität“ verhilft. Nicht minder wichtig ist, dass einfacher Arbeit der prekäre Charakter genommen wird, um die Attraktivität solcher Arbeitsplätze für Nichtbeschäftigte zu erhöhen. Ein weiteres Absenken der Standards in diesem Bereich würde statt dessen dazu führen, dass mancher Arbeitslose sein Glück eher in der Schattenökonomie versucht, in der er ein besseres Einkommen erzielen kann. (5) Aktivitätsstatus: Wichtig ist, dass einfache Tätigkeiten eine Perspektive auf Verbesserung beinhalten. Wie schon angesprochen, gilt für Deutschland, dass die Aufwärtsmobilität, die aus der Ausgrenzung oder der „Zone der Prekarität“ hinausführt, im internationalen Vergleich besonders gering ist. Daher werden Maßnahmen benötigt, die darauf zielen, die Übergänge zwischen den Zonen möglichst offen zu halten. Einen wichtigen Ansatzpunkt könnte hier die französische Debatte um die Schaffung eines gesellschaftlichen Aktivitätsstatus bieten. Damit ist gemeint, dass jede Person, die eine gewisse Zeit lang in irgendeiner Form erwerbstätig war, einen Status in Anspruch nehmen kann, der eine wirkliche Wahl zwischen Erwerbsarbeit und anderen Tätigkeitsformen ermöglicht. Im Unterschied zum bedingungslosen Grundeinkommen würde so der Gefahr begegnet, dass sich die Gesellschaft in „Produktive“ und vermeintlich „Unproduktive“ spaltet. Ein Aktivitätsstatus könnte selbst den „Entkoppelten“ für einen begrenzten Zeitraum die Möglichkeit eröffnen, sich einer frei gewählten Betätigung zu widmen. Dies wäre ein WISO Diskurs weiterer Ansatzpunkt für einen Sozialstaat, der die Frage nach „Sicherheit in der Flexibilität“ (Kro nauer/Linne 2005) auf neue Weise beantworten könnte. Das alles sind nur Mosaiksteine. Sicher ist, dass eine Politik der Entprekarisierung einfacher Arbeit in eine wirtschaftspolitische Strategie einzubetten wäre, die es nicht bei einer einseitigen Förderung von High-Tech-Sektoren und Exportfähigkeit belässt. Beschäftigungswachstum entsteht vor allem in Bereichen, die spezialisierte, lokale Dienstleistungen erbringen. Hier ließe sich anknüpfen. Seriöse Empfehlungen zum Ausbau sozialer Dienstleistungen kollidieren freilich in vielerlei Hinsicht mit den derzeit dominanten politischen Weichenstellungen. Eine dienstleistungsfreundliche Politik würde u. a. eine höhere Frauenerwerbstätigkeit, Einkommenserhöhungen in Dienstleistungsberufen, den Übergang zur Qualitätsproduktion nicht nur im sekundären Sektor, sondern auch in den Dienstleistungsbranchen sowie nicht zuletzt den Ausbau von Finanzierungsmechanismen zur Überwindung der Kostenkrankheit bei wichtigen Diensten voraussetzen. Dass sich eine Gestaltungskoalition formiert, die diesen Weg einzuschlagen bereit wäre, ist derzeit nicht absehbar. Als sicher kann indessen gelten, dass der Marsch in die Marktgesellschaft früher oder später gesellschaftliche Legitimationskrisen und „Selbstschutzbewegungen“ (Silver 2005) hervorrufen wird. Eine Garantie, dass diese Bewegungen in demokratischen Bahnen verlaufen werden, gibt es indessen nicht. Insofern geht es um mehr als „nur“ um Arbeit. Tatsächlich gibt es keinen plausiblen Grund, dass eine reiche Gesellschaft die Prekarisierung einfacher Arbeit einfach hinnimmt. Konzepte für ein arbeitspolitisches Umsteuern liegen auf dem Tisch, es kommt darauf an, dass die Politik sie realisiert. WISO Diskurs Friedrich-Ebert-Stiftung Literatur: Bäcker, G./Hanesch, W. unter Mitarbeit von P. Krause u. R. Bispinck (1998): Landessozialbericht 1998. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerhaushalte mit Niedrigeinkommen. Bergheim. Bispinck, R./Schäfer, C. (2005): Niedriglöhne? Mindestlöhne! Verbreitung von Mindestlöhnen und Möglichkeiten ihrer Bekämpfung. In: Sozialer Fortschritt 54: 20-31. Bosch, Gerhard/Weinkopf, Claudia (2006): Gesetzliche Mindestlöhne auch in Deutschland? Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Gelsenkirchen: Ms. Brinkmann, U./Dörre, K./Röbenack, S. (2005): Prekäre Arbeit. Ursachen, Ausmaß, soziale Folgen und politische Verarbeitungsformen unsicherer Beschäftigungsverhältnisse. Eine Expertise. MS. Jena. Castel, R. (2005): Die Stärkung des Sozialen. Leben im neuen Wohlfahrtsstaat. Hamburg. Castel, R. 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WISO Diskurs Wirtschafts- und Sozialpolitik ReferentInnen, Tagungs- und Diskussionsleitung PD Dr. Lutz Bellmann Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg Ruth Brandherm, Friedrich-Ebert-Stiftung Abt. Wirtschafts- und Sozialpolitik, Leiterin des Gesprächskreises Arbeit und Qualifi zierung, Bonn Klaus Brandner, MdB Arbeits- und Sozialpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Berlin Prof. Dr. Ute Clement Institut für Berufsbildung, Universität Kassel Prof. Dr. Klaus Dörre Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften, Friedrich-Schiller-Universität Jena Ursula Ebert Geschäftsführerin DB Zeitarbeit GmbH, Berlin Anne Graef Redakteurin DGB-Infoservice einblick, Berlin Frank-Christian Starke WDR Hörfunk, ARD-Hauptstadtstudio, Berlin Jens Stegmaier Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg Renate Teucher Medienwerkstatt Berlin e.V. Dr. Claudia Weinkopf Institut Arbeit und Technik (IAT), Wissenschaftszentrum NRW, Gelsenkirchen 63Wirtschafts- und Sozialpolitik ISBN 978–3–89892–649–2 Neuere Veröffentlichungen der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik Wirtschaftspolitik Vom Stabilitäts- und Wachstumsgesetz zum Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt WISO Diskurs Arbeitskreis Mittelstand Eine neue Kultur der Selbständigkeit: Voraussetzung für ökonomischen und sozialen Fortschritt Gesprächskreis Verbraucherpolitik Was bringt die Reform des Versicherungsrechts für die Verbraucher? Gesprächskreis Sozialpolitik Sozialstaatsstrategien und Beschäftigung im europäischen Vergleich WISO Diskurs Gesprächskreis Arbeit und Qualifi zierung Geförderte Beschäftigung für leistungsgeminderte Langzeitarbeitslose? Arbeitskreis Arbeit-Betrieb-Politik Beschäftigungsfördernde Lohnpolitik und deutscher Mindestlohn Arbeitskreis Dienstleistungen Dienstleistungen in Deutschland: besser als ihr Ruf, dennoch stark verbesserungsbedürftig! Europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik Deutschland: Exportweltmeister von Arbeitsplätzen – Mythos oder Wirklichkeit? Gesprächskreis Migration und Integration Rechte Orientierungen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern WISO Diskurs Frauen- und Geschlechterpolitik Vorsorgender Sozialstaat aus der Geschlechterperspektive WISO direkt Volltexte dieser Veröffentlichungen finden Sie bei uns im Internet unter